Bei wichtigen Emails: Eine Nacht drüber schlafen!
Bei wichtigen Emails: Eine Nacht drüber schlafen!

Kommunikation bildet eine ausgezeichnete Grundlage, um sich mit anderen auszutauschen und sie besser zu verstehen. In der Regel gelingt das recht gut, insofern die Worte richtig gewählt sind und man sich von Angesicht zu Angesicht unterhalten kann, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Mit dem Einzug moderner Kommunikationsformen, wie dem Schreiben einer E-Mail, fehlt dieser Mechanismus zur Übermittlung von Nachrichten und was übrig bleibt, ist ein oft missverständlicher, unbefriedigender und häufig sehr respektloser Schriftverkehr, insbesondere im beruflichen Umfeld.

 

Die Blüten der Email-Kommunikation

Nicht nur unsere Gedanken, sondern auch unsere Gefühle können sehr beherrschend sein. Aber auch die Gefühle können wir beeinflussen, denn sie sind kein Schicksal dem wir hilflos ausgeliefert sind. Vielmehr sollten wir unsere Gefühle bewusst wahrnehmen, uns aktiv mit ihnen auseinandersetzen und über die Veränderung unserer Einstellung auf eine förderliche Art beeinflussen.

Es ist auffällig, dass die moderne Email Kommunikation zu einem respektlosen und unfreundlichen Ton unter den Menschen führt. Vermutlich liegt das Problem darin, dass die emotionale Ebene oft falsch interpretiert wird und sich unausgesprochene Konflikte bilden. Der Emotionsaustausch im Gespräch erfolgt weitgehend nonverbal und ist geprägt von Tonfall, Gestik und Körperhaltung. Der Vorteil dabei ist, dass wir etwas über unser Gegenüber erfahren, indem wir Körperhaltung und- sprache entschlüsseln können. Ohne diesem Tango im Gehirn, können sich Gefühle schnell verirren, werden in einer Email fixiert und erzielen ein nachhaltige Wirkung. Die kann durchaus positiv sein, insofern es uns gelingt entsprechende Nachrichten respektvoll, wertschätzend, offen und tolerant zu verfassen.

Wobei wir uns auch an die guten alten Zeiten des Briefe schreibens erinnern sollten: Es gab eine Anrede, einen Gruß und man bevorzugte eine korrekte Rechtschreibung. Nur wenige Sekunden sind nötig, um sich dieser Form des Schriftbildes zu widmen und seinem Gegenüber Wertschätzung zu vermitteln.

 

Rate, was ich fühle!

Du liest eine Email, deren Inhalt sich auf ein kürzlich geführtes Gespräch mit einem deiner Vorgesetzten bezieht. Du hast neue Vorschläge eingebracht, worüber sich Dein Chef noch Gedanken machen wollte und Dir nun seinen Standpunkt per Email mitteilt: In wenigen Sätzen der eigentlichen Zustimmung liest Du ein verwirrendes Kürzel: „Sie Unruhestifter“.

Bist Du tatsächlich in der Lage zu entschlüsseln, was Dir Dein Gegenüber gerade mitteilen wollte. Ist es so angekommen, wie er es meinte? Wie kommt er überhaupt dazu zu schreiben, ich wäre ein Unruhestifter? Viele Gedanken spuken nun in Deinem Kopf und Du bist nicht in der Lage einen konstruktiven Zusammenhang herzustellen.

Dein Gehirn wird unzureichend mit Daten über die Gefühle anderer versorgt und so wird es erfinderisch. In einem Gehirnprozess werden Mutmaßungen über den emotionalen Inhalt dieser Nachricht angestellt und fehlende Informationen ergänzt. Letztendlich werden negative Absichten verinnerlicht und Ängste über mögliche Konsequenzen entwickelt.

Hätte Dein Gehirn die Formulierung des „Unruhestifters“ auf nonverbaler Ebene empfangen, würde es sich wie folgt darstellen: Mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht, verschmitzt den Zeigefinger hebend, sagt Dein Chef: „Sie Unruhestifter“. Dein Gehirn hat einen nonverbalen Hinweis erhalten, der vermittelt, das Dein Chef dich nur freundlich aufziehen möchte und resultierend daraus keine Konsequenzen drohen.

 

Sich in andere hineinversetzen- die achtsame Email Kommunikation

Nur selten enthalten Emails ausreichend Informationen, um es dem Gehirn zu gestatten, den emotionalen Zustand des Senders abzuleiten. Mit Achtsamkeit lässt sich die Qualität der Email-Kommunikation erheblich steigern.

Sati ist das ursprüngliche Wort der Achtsamkeit in Pali, wobei es sich auch als „Erinnerung“ und „Besinnung“ übersetzen lässt. Neben der Achtsamkeit als ruhigen Geist enthält „sati“ die starken Elemente der Besinnung und Erinnerung auf bestimmte Einsichten.

So setzen wir in einer achtsamen Email-Kommunikation insbesondere auf den Erinnerungsaspekt:

  • Der Adressat ist ein Mensch, so wie Du und ich
  • Wir erinnern uns daran, dass die Empfänger fehlende Informationen über den emotionalen Zustand des Senders unbewusst ergänzen.
  • Wir lassen gebührende Vorsicht und Sorgfalt walten.
  • Wir nehmen den anderen so wie er ist, ohne ihn ändern zu wollen oder zu bewerten.
  • Wir achten ihn in gleicher Weise, wie uns selbst und achten darauf, dass er sein Gesicht nicht verliert und seine Würde behält.
Ohne diese Haltung würden wir nicht die richtigen Fragen stellen oder einer Sache nicht die besondere Aufmerksamkeit schenken.

 

Praktische Umsetzung- Ich schreibe eine achtsame Email

  • Atme zu Beginn einmal tief durch. Sollte die Angelegenheit besonders heikel sein, widme dich wenige Minuten einer Achtsamkeits oder- Gehmeditation. Du kommst zur Ruhe und befreist Dich von negativen Gedanken.
  • Stell Dir Dein Gegenüber im Geiste vor und übe Dich in der „Genau-wie-ich-Meditation“.
  • Versuche konsequent Deine Wünsche, Erwartungen und Gefühle als „Ich-Botschaften“ zu vermitteln.
  • Vermeide alle Appelle, Vorwürfe, Forderungen oder gar Schuldzuweisungen gegenüber dem anderen.
  • Nimm bewusst Fragen auf: „Was ist genau der Standpunkt?“, „Was sind die Wünsche und Erwartungen?“, „Was wäre eine mögliche Lösung?“.
  • Denke vor dem Absenden achtsam über weitere Dinge nach: Enthält die Email eine negative Färbung: Dann solltest Du sie noch einmal gut lesen und überarbeiten. Befreie dich von emotionalen Hintergründen des Empfängers. Stelle einen emotionalen Zusammenhang Deiner Botschaft her.
  • Atme noch einmal tief durch, bevor Du den Button „Senden“ drückst. Du kannst Dich jederzeit dagegen entscheiden.

 

Ein modernes Konfliktmanagement verlangt diese Haltung. Dabei kann am Ende eine Win-Win- Lösung entstehen, mit der sich beide Seiten wohlfühlen, ohne Sieger und Verlierer.
Viel Spaß bei der achtsamen Emailkommunikation!

Welche Missverständnisse gab es schon bei dir in der Kommunikation per Email? Ich freue mich über deinen Kommentar!

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