Was ist ein Mantra?

Das Wort Mantra kommt aus dem Sanskrit und die Wurzel Man bedeutet denken, mit der Endung -tra werden Werkzeugworte gebildet. Ein Man-tra ist also ein Werkzeug, dass uns zu dem bringt, was wir denken.

Ich höre öfters die Frage, ob man bei der Meditation ein eigenes Mantra braucht. Ich empfehle es, aber unter einer Bedingung. 

Mantra sind Wunschgebete und haben im Buddhismus eine lange Tradition. Ein Mantra besteht aus wenigen Wörtern oder ist ein ganzer Satz und wird von Mönchen, Nonnen und Laien während der Meditation rezitiert, also mehrfach wiederholt. Auch während der Meditation kommen die Mantra zum Einsatz. Zu Beginn der Meditation wird ein Mantra gesprochen, dass dich zur Meditation hinleiten soll. Das Mantra am Ende deiner Meditation ist eine Art Widmung. Du widmest die zurückliegende Meditation einem bestimmten Thema oder einer bestimmten Person. Wenn ein Freund oder Familienmitglied krank ist oder durch eine schwere Zeit geht, dann kannst du durch ein Mantra wie “Möge meine Schwester Kraft zur Genesung empfangen” ihr deine Meditation widmen.

Es gibt auch Meditierende, die ihre Meditation globaleren Themen widmen, beispielsweise allen leidenden Tieren, allen Menschen, dem Weltfrieden oder den Bäumen (“Mögen alle Lebewesen glücklich sein.”). Das ist Geschmacksache und du solltest dein Thema danach auswählen, was dir am Herzen liegt.

 

Wie funktioniert ein Mantra?

Mantren funktionieren. Das ist die wichtige Botschaft, an alle, die (noch daran) zweifeln. Mantras haben auch nichts mit Esoterik zu tun. Jeder Mönch, jede Nonne rezitiert Mantren.

Mantren funktionieren auf zwei Wegen: Der Klang und der Rhythmus des Mantra wirkt auf unseren Körper und unsere Seele. Dabei geht es (noch) nicht um den Bedeutungsgehalt der Worte. Besonders gut kann man die Wirkung bei einem tiefen Om wahrnehmen: der tiefe Tone und die Vibrationen in unserem Oberkörper wirken beruhigend und erdend auf uns ein. Das Mantra wirkt bereits allein durch seinen Klang.

Die zweite Weg ist über die Bedeutung des Wortes. Es ist der intellektuelle Zugang zu dem Wort und durch das Wort ausgelösten Gedanken. Hierfür reicht das bloße Denken der Wörter oder des Satzes. Voraussetzung für diesen Wirkweg ist die Kenntnis der Bedeutung. Deswegen eigenen sich hier nur Mantren in Sprachen, die du gut beherrschst.

 

Lenkung unseres Lebens durch Mantren

Unser Denken bestimmt unsere Einstellung zum Leben, unsere täglichen Entscheidungen und Handlungen. Wenn dich den ganzen Tag der Gedanke “Ich bin nichts wert” verfolgt, dann spiegelt sich dies in deinem Leben wieder: vielleicht behandelt man andere nicht mit ausreichendem Respekt, da sie auch nichts wert seien. Oder man bleibt in einer ungesunden Beziehung, da man glaubt, eine glückliche Beziehung nicht zu verdienen. Das gleiche gilt für unglückliche Jobsituationen und viele andere Bereiche im Leben.

Wenn du deine Gedanken negativ manipulieren kannst, dann kannst du es auch im positiven Sinne. Du musst es nur ausprobieren: angenommen du reagierst oft sehr ungeduldig, ärgerst dich dann und denkst abschätzig über deine Mitmenschen. Weiter angenommen du wiederholst bei der Meditation oder in sonstigen Situationen täglich mehrmals das Mantra “Alle Lebewesen tragen Last. Ich will nachsichtig sein”. Du ahnst, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass du bei der nächsten Situation, die dich vormals ungehalten hätte werden lassen, nun vielleicht zurückhaltender und geduldiger reagierst.

 

Woher bekomme ich mein Mantra?

Ich meinte zu anfangs, dass ich Mantra nur unter einer Bedingung empfehle: du musst dein Mantra selbst auswählen. Ich ermutige dich dazu, dir selbst ein Mantra zu geben, denn nur du weißt, was dich gerade wirklich bewegt und was deine und die Bedürfnisse in deiner Familie und deinem Freundeskreis sind. Ein Mantra, also ein Wunschgebet, überlegst du dir entweder selbst oder du lässt dich durch meine Liste inspirieren.

Anleitung zur Wahl deines Mantra – Bei der Auswahl kannst du dich von folgenden Gedanken leiten lassen: 

  • Gibt es ein Thema, dass dir besonders wichtig ist? Dann wähle dies in einer positiven Formulierung: “Mögen alle Lebewesen frei von Leid sein”
  • Gibt es an dir einen Charakterzug, der dich stört: Wähle den gegenteiligen, positiven Charakterzug als Mantra. Wirst du z.B. schnell wütend oder ärgerst dich leicht, dann ist vielleicht “Möge mein Geist friedlich und ruhig sein” passend, oder wenn dich Vorurteile gegen andere plagen, dann könnte “Alle Menschen tragen Last. Ich möchte ein weiches Herz haben” richtig für dich sein.
  • Ich habe längere Zeit “Ich erlaube mir schwach zu sein” rezitiert. Ich war so hart zu mir und habe mir ständig Höchstleistungen abgefordert, bis ich krank wurde.
  • Ein guter Freund von mir, der sich oft verausgabt bis er krank wird, rezitiert “Geist und Körper sind eins. Ich achte auf mich.”
  • Dich belasten pessimistische Gedanken: “Ich öffne mein Herz / meinen Geist der Möglichkeit, dass ich mein Leben verändern kann.”

 

Mantra für deine Meditation

Ich habe dir noch eine Liste alter Mantren zusammengestellt, wie sie im Buddhismus verwendet werden. Sie sind Übersetzungen aus dem Tibetischen und Sanskrit und werden in dieser Form in den Klöstern in Nepal, Tibet, Nordindien und an anderen Orten rezitiert. Man kann die Mantren auch in der ursprünglichen Sprache rezitieren, aber ich habe für mich damit keine positive (aber auch keine negative) Erfahrung gemacht. Auf tibetisch erreicht mein Mantra nicht mein Bewusstsein, wenn ich in einer Alltagssituation gerade dabei bin, in mein unerwünschtes Muster zurückzufallen. Ich denke auf Deutsch und brauch deswegen auch mein Mantra auf Deutsch. “Lokah samastah sukhino bhavantu (Mögen alle Lebewesen glücklich sein) oder “Om mani padme hum” sind mir einfach zu abstrakt. Probiere das bitte für dich einfach aus.

Manche der Mantra sind etwas länger. Wenn du sie bei der Meditation verwenden möchtest, dann schreibe sie auf ein Kärtchen und lies sie laut ab. Das ist auch die Vorgehensweise in buddhistischen Meditationskursen. Wenn du dich für dein Mantra entschieden hast, dann kannst du es auswendig lernen: es macht deine Meditation flüssiger (nicht erst das Kärtchen hochheben müssen zum Lesen), es prägt sich tiefer in dein Bewusstsein ein und du kannst dein Mantra auch außerhalb deiner Meditation leise vor dich hinsprechen, wenn dir gerade danach ist.

 

Im Buddhismus werden bei den Meditation häufig ein Mantra rezitiert.

Liste mit buddhistischen Mantren

  • “Mögen alle fühlenden Wesen Glück und die Ursachen des Glücks besitzen. Mögen alle fühlenden Wesen getrennt sei vom Leid und den Ursachen des Leids.” Ich schätze dieses sehr altes Mantra für seine klare und pointierte Aussage.

 

  • “Mit grenzenloser Mitgefühl und grenzenloser Weisheit werde ich zum Wohle aller Wesen wirken. Mögen wir frei sein von Mangel und Zwietracht und Glücklich sein in einer friedlichen Welt.” Diese Mantra wird  zur Einleitung der Meditation in der Tergar-Ströhmung des tibetischen Buddhismus verwendet.

 

  • “Durch die Kraft dieser mitfühlenden Praxis möge sich Leid in Frieden verwandeln. Mögen die Herzen aller Wesen sich öffnen und in ihrer inne wohnenden Weisheit erstrahlen.” Eine Widmung, die oft nach der Meditation rezitiert wird.

 

Mantrameditation im Alltag

Ob mit oder ohne Hilfsmitteln: Das Rezitieren von Mantren lässt sich leicht in den Alltag integrieren

Selbst wenn du noch gar nicht meditierst, oder jedenfalls nicht bei der Meditation ein Mantra rezitieren möchtest, dann kannst du dennoch Mantren in deinen Alltag einbauen. In so vielen Momenten eines durchschnittlichen Tages habe wir nichts zu tun und lenken uns mit unserem Handy ab. Die tägliche Fahrt zur Arbeit mit Bus oder Bahn eignet sich optimal zur Mantrameditation: Setzt dich hin oder lehn dich entspannt an und wiederhole 20 Mal dein Mantra. Genauso beim Gehen oder Verrichten von Hausarbeiten: Du spülst ab – wiederhole dein Mantra. Du hängst Wäsche auf – ein Socken, eine Wiederholung.

Warum 20 Mal? Es gibt nicht wirklich eine bestimmte Anzahl der Wiederholungen, doch ich glaube beim Rezitiere von Mantren gilt ausnahmsweise: viel hilft viel. Je öfters du dir den Satz in dein Gedächtnis rufst, desto mehr verankert er sich. Das gilt leider ja auch für negative Glaubenssätze.

Bei der Meditation mit Mala-Ketten rezitiert man das Mantra einmal mit dem Weiterschieben einer Perle und kommt auf 108 Wiederholungen. 108 Mal mag am Anfang viel klingen, aber letztlich braucht man dafür nur wenige Minuten. Lieber nur 5 Mal als kein Mal und Zeit zum Steigern gibt es ja später immer noch 🙂

Hier findest du einen ausführlichen Artikel zu Mantrameditation.

Hast du ein Mantra und möchtest es mit uns teilen? Schreib mir einen Kommentar! Ich bin gespannt es zu erfahren. 

Ein Kommentar

  1. Hallo Laura,

    danke für deinen wundervollen Artikel!
    Genial finde ich deinen Tipp “Mantras im Alltag” – muss ich gleich einbauen 😉

    Meine Favoriten-Mantrameditation ist die indische “Hamsa”-Meditation.
    Beim Einatmen spreche ich dabei mental “I” und beim Ausatmen “am”. (eigentlich “Ham” und “sa”, aber als Europäer kommt mir das eher spanisch vor ;))

    Wer kennt die Gedankenflut nicht, die einen oft beim Meditieren überkommt?
    Mantrameditation ist da echt ein cleverer Trick – das Hirn ist dann nämlich beschäftigt und lässt einen brav in Ruhe… 😀

    Liebe Grüße
    Stefan