Kennst du die Geschichte von „Hans Guck-in-die-Luft“? Das ist der kleine Tagträumer aus den Struwelpeter-Erzählungen von Wilhelm Busch. Das geschilderte Ereignis ist gar nicht so ungewöhnlich. Wie oft entfernen wir uns aus einer augenblicklichen Situation und ertappen uns beim Tagträumen? Dieses Verhalten lässt sich auf einen Mangel an Konzentration zurückführen. Mit unseren Gedanken sind wir überall, nur nicht im rechten Augenblick. Wir verlieren auf halber Strecke die eigentliche Position, führen sie nicht zu Ende und fühlen uns anschließend schlecht.

Heinrich Hoffmann schildert es recht eindeutig: Der kleine Mann ist ein Träumerchen, dass ziellos herumirrt und die gegenwartsbezogene Aufmerksamkeit außer Acht lässt.

Aber in welchem Zusammenhang steht diese Art der Konzentration mit der meditativen Arbeit? Ganz einfach: Wer stets konzentriert bei einer Sache ist, findet leichter den Zugang zu seiner eigentlichen Perspektive. Diese Perspektive durchläuft gewisse Phasen auf unsere Bewusstseinsebene. Aus dieser wiederum schöpfen wir unsere meditative Haltung. Umgekehrt erreichen Menschen, welche bereits über einen längeren Zeitraum meditieren, eine hohe Konzentrationsfähigkeit.

 

Die Kraft der Konzentration beruht auf unserem disziplinierten Verstand

Wir versuchen, unsere Aufmerksamkeit mit den gebündelten Kräften der Konzentration auf ein bestimmtes Objekt zu richten. Über einen längeren Zeitraum setzen wir etwas in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Die Psychologie bezeichnet die Konzentration als geistige Arbeit mit einer allgemeinen Steigerung der Aufmerksamkeit, etwa durch Gruppierung der Bewusstseinsinhalte um einen Grundgedanken.

Während der Meditation dehnen wir unser Bewusstsein aus. Somit bildet die Konzentration eine willkommene Brücke zu einer anschließenden Meditation. Sie erfordert Anstrengung und Energie. Während du dein ganzes Bewusstsein auf ein Objekt fokussierst, entwickeln sich beliebige Gedanken. Sie sind zufällig und es findet noch keine Bewegung statt.

Ein Beispiel:
Du schaust dir ein farbenprächtiges Bild an. Während du deine Konzentration auf das Bild ausrichtest, erfährst du einiges über die Strukturen, über den Verlauf der Farben und über die unterschiedlichen Farbtöne. Du bist durchaus in der Lage, dieses Bild zu beschreiben. Dabei schaust du weder vorwärts noch rückwärts.
Während der Meditation gehst du in deiner Wahrnehmung tiefer und erreichst eine andere Bewusstseinsebene. Du betrachtest das Bild mit deinem inneren Auge. Vor deinem inneren Auge entwickelt sich eine Farbe.

  • Du siehts die Farbe.
  • Du spürst die Farbe.
  • Die Farbe wird deutlicher.
  • Du tauchst in die Farbe ein.
  • Du stellst dir Fragen: Ist die Farbwahrnehmung eher deutlich oder verschwommen? War es eine Farbe, die Gefühle hervorrief? War es eine einzelne Farbe oder waren es mehrere Farben? Waren die Farben statisch oder eher in Bewegung? Welche Wahrnehmungen traten auf? Waren diese mit den Farben verbunden? Tauchten unerwartete Empfindungen auf?

Zum Abschluss der Meditation lässt du die Farbe zurücktreten, verschwimmen und verschwinden.
Über bestimmte Fragen bist du mit den Farben enger in Kontakt gekommen. Sie zeigen dir auf, welche Empfindungen und Wahrnehmungen auftreten können.
Wollte sich die Wahrnehmung als Bild, Idee, Begriff oder Gegenstand zeigen? Du spürst ihr nach und kannst sie dir nach Wunsch erneut vor Augen führen.

Wie eng Konzentration und Meditation miteinander verbunden sind, zeigt ein weiteres Beispiel:

 

Konzentration auf das Hören- folge dem Klang der Stille

Unsere Welt ist voller Geräusche, und oft scheinen sie uns beim Meditieren zu stören. Konzentriere dich, und höre einmal ganz bewusst hin:

Du nimmst ganz bewusst Kontakt zum Boden auf. Wachse aus deiner Wirbelsäule heraus in Richtung Himmel. Wenn du zur Ruhe gekommen bist, richtest du deine ganze Aufmerksamkeit auf all die Geräusche, die du wahrnehmen kannst. Vielleicht hörst du Motorengeräusche, ein Klopfen, Vogelgezwitscher oder eine Waschmaschine. Wie empfindest du die Geräusche? Sind sie angenehm oder unangenehm? Nimm alles wahr, was du hörst, ohne es zu interpretieren. Wenn dich die Schritte deiner Nachbarin dazu verleiten, darüber nachzudenken, was sie wohl gerade macht, führe deine Aufmerksamkeit sanft, aber bestimmt zum Hören zurück. Denke nicht über die Geräusche nach, sondern achte nur auf den Klang als solchen und auf die Resonanz in deinem Körper. Fühle die unterschiedlichen Frequenzen und nimm sie wahr.

 

Es ist alles eine Frage der Konzentration

Über dein Konzentrationsvermögen erreichst du eine bestimmte Ebene. Die daraus resultierende Erkenntnis ist wie ein Fühler, der auslotet, woraus etwas besteht. Das Denken wird zum alleinigen Gegenstand deiner Aufmerksamkeit. Während deiner Meditation dehnst du dieses Denken aus, ähnlich wie ein Vogel, der seine Flügel ausbreitet.

 

Der unruhige Geist braucht klare Führung, Disziplin und liebevolles Verständnis. Marie Mannschatz

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