Erinnerst du dich an das schöne alte Volkslied „Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wandern“? Wann hast du zuletzt die Wanderschuhe geschnürt und hast einen ganzen langen Tag auf Schusters Rappen verbracht? Schließlich magst du kein schlechter Müller sein, dem niemals fiel das Wandern ein. Das alte Volkslied vermittelt das großartige Gefühl, in eine ländliche Idylle hinauszuziehen, vorbei an Mühlenrädern und rauschenden Bächen, um sich später auf den Feldwegen niederzulassen.

Wie achtsam der Müller auf seinem Weg tatsächlich war, das weiß niemand so genau. Fest steht jedoch, der Körper kam in Schwung und die Seele zur Ruhe.

Unsere Welt ist voller Geräusche, und nicht selten stören sie uns beim Meditieren. Die meisten unserer Gedanken obliegen den Reizen und Wahrnehmungen von außen. Das Ziel einer achtsamen Wanderung ist es keinesfalls, darüber nachzudenken, was du später noch kochst, oder was dein bester Freund gestern über seinen Bekannten erzählt hat. Sei ganz bei der Sache. Stell dir vor, du hast keine andere Fortbewegungsmittelwahl als deine eigenen Füße und entdeckst die Form des Pilgerns für dich. Ich bin sicher, wenn du dich auf diese Situation einlässt, spürst du schnell den Vorzug gegenüber anderen Fortbewegungsmitteln. Laufen, Wandern oder einfach nur Gehen, stillt die heimliche Sehnsucht nach Einfachheit.

 

Nur wo du zu Fuß warst, bist du wirklich gewesen.

Der berühmte Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe war ein überzeugter Wandergesell. Inspiriert von den unzähligen zauberhaften Stationen, welche er erwanderte, beobachtete er sehr genau, vertiefte seine Beobachtungen und genoss seine gewonnenen Eindrücke an stillen Plätzen.

 

Von der Lust zu Pilgern

Pilgern, sinnliche Wanderungen oder achtsames Gehen – im Lebensstil einer ganzen Gesellschaft ist das „auf dem Weg sein“ zum Lebensmotto geworden. Die Menschen schätzen die moderne Pilgerbewegung.
Längst ist Pilgern nicht mehr streng religiös ausgerichtet, vielmehr breitet sich der tiefe Wunsch nach Entschleunigung aus. Beim Pilgern oder auf einer Wanderung öffnen sich Räume für neue Gedanken, Entscheidungen und Ideen.

 

Beobachten, fühlen und entschleunigen

Lerne, die Kunst zu schauen, die Kunst, die Dinge zu betrachten, die Schönheit der Blumen, der Bäume und das Licht des Himmels zu sehen.Godwin Samararatne

 

Bewusst wandern – im Klang der Stille

Achtsam, ohne Hast und in aller Fröhlichkeit trittst du deinen Weg an. Schritt für Schritt bewegst du dich. Höre einmal ganz bewusst hin. Du lauschst dem Gesang der Vögel, bewunderst die Blumen und genießt das Rascheln der Zweige in den Bäumen. Selbst auf bekannten Wegen erfährst du etwas Neues.

Plötzlich wachsen Ideen, die umgesetzt werden möchten. Verweile kurz und schließe die Augen. Richte deine ganze Aufmerksamkeit auf all die Geräusche, die du wahrnehmen kannst. Nimm wahr, ohne zu interpretieren.

Denke nicht über die Geräusche nach, achte vielmehr auf den Klang als solchen und die Resonanz in deinem Körper. Suche bewusst den Kontakt zum Boden auf. Während er dich trägt, wächst du aus der Wirbelsäule heraus in Richtung Himmel.

 

Sei ein Teil der Natur!

Suche Stellen auf, welche du als besonders kraftvoll empfindest. Auf manche Menschen üben alte Bäume eine große Anziehungskraft aus. Andere genießen ihre Zeit an einem Teich oder suchen die Nähe zum fließenden Wasser. Setze dich ruhig eine Weile hin, bevor du weiter ziehst. Spüre deinen Atem und lass die Kraft und die Schönheit der Natur auf dich wirken. Werde dir bewusst, dass du selbst ein Teil der Natur bist.

 

Verbinde dich mit deinen Schritten – gehe achtsam!

Eine Gehmeditation über bestimmte Strecken macht deine Wanderung ganz besonders.
Gehe zunächst ganz normal und beginne nach einer Weile mit deiner Meditation. Verbinde deine Schritte mit der Atmung. Dabei gehst du ganz langsam einen Schritt und atmest gleichzeitig ein, bei einem weiteren Schritt atmest du wieder aus. Nach wenigen Minuten änderst du diesen Rhythmus, indem du jede Atemphase mit zwei Schritten verbindest. Schritt, Schritt = einatmen, Schritt, Schritt = ausatmen. Nimm die Natur um dich herum wahr, lächle dir zu und genieße diesen Moment deiner Wanderung. Bleibe stets mit deinem Atem und deinen Schritten verbunden. Spüre die vitale und vor allem friedliche Energie, welche von der Natur ausgeht. Verbinde dich mit ihr.

 

Im Gehen meditieren heißt eigentlich das Gehen genießen – kein Gehen, um anzukommen, sondern nur, um zu gehen.Thich Nhat Hanh

 

Wandern, meditieren und das achtsame Erleben stellen eine großartig Verbindung her. Bewegung, Aufbruch und Lösungen – bewusste Wanderungen tragen einen meditativen Charakter und sind eine Form der Veränderung. Als berühmter Arzt der Antike verdeutlichte bereits Hippokrates den Wert des Wanderns: „Gehen ist des Menschen beste Medizin.“

Was hält dich noch auf? Schnapp dir deine Wanderschuhe, sei der “Müller” von 2018. Das Wandern war ihm eine Lust.
Auf deiner Wanderung wünsche ich dir viel Freude und schöne Momente.

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