Templestay in Korea, das bedeutet: Innerhalb von ein paar Tagen das Leben in einem buddhistischen Tempel kennenlernen – kann denn das überhaupt funktionieren?
Es reicht auf alle Fälle für einen kurzen, beeindruckenden Einblick, soviel vorweg. Doch von Anfang an: Durch einen längeren Aufenthalt in Hongkong und die dadurch resultierende Nähe zu Korea kam uns relativ kurzfristig, ein paar Tage in Seoul zu verbringen. Gesagt, getan – der von uns ausgewählte Geumsumsa-Tempel bei Seoul bietet die so genannten “Templestays” an, die zur Fußball-WM 2002 in Korea ins Leben gerufen und durch den großen Anklang bei Koreanern und Touristen bis heute beibehalten und sogar ausgebaut wurden – 12 buddhistische Tempel, hauptsächlich im Norden Südkoreas, bieten die Aufenthalte von bis zu einer Woche Dauer an.
Anfahrt zum Geumsansa-Tempel
Wenn Sie einen Templestay in Korea planen, dann gebe ich Ihnen den folgenden Ratschlag, damit Sie die Zeit dort am besten für sich persönlich nutzen können: Ihr Aufenthalt im Tempel sollte nicht gleich am ersten Tag Ihrer Ankunft in Korea erfolgen. Das war der Faktor, der unseren Tempelaufenthalt in den ersten Stunden ein wenig anstrengend gestaltete – mit schwerem Gepäck aus dem Flugzeug, sich im schier unüberschaubaren Nahverkehrssystem Seouls orientieren, und los.
Der Geumsumsa-Tempel ist mit der Airport-Metro folgendermaßen zu erreichen: An der Gyeongbokgung Station am Ausgang 3 aussteigen (wichtig, denn die Seouler Metro-Stationen sind sehr groß und man findet sich ansonsten nicht zurecht) und in den Bus Nr. 7212 einsteigen. An der Haltestelle Yibukodochung aussteigen (wir sagten mangels Koreanisch-Kenntnissen dem Busfahrer, er solle uns Bescheid sagen, wann wir an der richtigen Haltestelle sind, denn die Stationen werden nicht angesagt), und prompt steht man am Fuße des “Berges”, auf den man nun ca. 30 bis 40 Minuten bei teilweise extremer Steigung gen Tempel läuft.
Einführung in das Tempelleben
Eine Stunde zu spät! Wir hatten die Strecke einfach unterschätzt. Kaum angekommen, ging es in den Tempel wo schon die Einführungsveranstaltung lief. Geleitet von Moon-Jung, einem jungen, sehr offenen und gut Englisch sprechenden (leider viel zu selten in Korea!) Studenten. Es wurde erklärt, wie der Tempel und alle anderen Räumlichkeiten auf dem Tempelgelände wie auch der Essenstrakt zu betreten ist: Mit einer halben Verbeugung mit gefalteten Händen. Diese Verbeugung sollte man ebenfalls machen, wenn man einem der Mönche auf dem Tempelgelände begegnet. Unser Mönch war eine herzlich lächelnde Mönchin (ich werde sie hier “Mönchin” nennen, nicht “Nonne” weil mir das im koreanisch-buddhistischen Kontext als passender erscheint) , die uns in den Ablauf des Aufenthaltes einführte. Die Übersetzung von Moon-Un war essentiell, sonst hätte fast keiner der ca. 30 Teilnehmer, von denen der Großteil Ausländer waren (darunter 10 Deutsche), etwas von dem, was uns nun erwartete, verstanden.
Es folgte eine Führung über das weitreichende Tempelgebäude, das mehrere Gebetsräume, die “Mensa” zum Einnehmen der Mahlzeiten sowie die geschlechtergetrennten Schlafräumlichkeiten.
Beim Abendessen gab es Gelegenheit, die “Mit-Teilzeitmönche” kennenzulernen. Beim Abendessen konnte man sich von einem Buffet reichlich bedienen, jedoch nur so viel, wie man auch essen kann, um keine Lebensmittel zu verschwenden. Darauf folgte die eindrucksvolle Abendmeditation, die eine halbstündige stille Meditation umfasste.
Beim Templestay heißt es: Ausschlafen kann man nicht
Ins Bett ging es mit 21 Uhr früh, denn um halb 5 Uhr morgens weckten uns die morgendlichen Gonge wieder. Die Nacht im Schlafsaal ohne Matratzen, dafür auf dickeren Decken gebettet gestaltete sich für mich als gewöhnungsbedürftig. Deshalb war ich auch am anderen Morgen nach einer kurzen Morgentoilette der erste bei der Morgenmeditation. Nun folgte das, wovor ich mich ein wenig gefürchtet hatte – die berühmten 108 Buddhas. Begleitet von einer englischsprachigen CD mit Rezitationen zu den 36 Sünden der Vergangenheit, der Gegenwart und dem, was man in Zukunft besser gestalten sollte verneigt man sich nach einer fest vorgegebenen Prozedur 108 mal. Bei den vielen Teilnehmern kam man sich besonders zu Anfang einige Male ins Gehege, aber im Laufe der 108 Buddhas geriet ich in einen wunderbaren, tranceähnlichen Zustand, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.
Danach folgte das Frühstück nach buddhistischer Tradition mit wunderbarem Tofu, dem obligatorischen Kimchi und Reis. Die fünf Schüsseln, die jeder ausgeteilt bekam, mussten nach dem Frühstück in einer vorgegebenen Reihenfolge (mit Rettich!) wieder gereinigt werden, dadurch wurde selbst das Frühstück zur meditativen Praxis.
Danach folgte die Gemeinschaftsarbeit. Ich meldete mich zum Fegen des Haupttempels, was eine der beliebtesten Arbeiten darstellt. ein tolles Gefühl, die ehrwürdigen Räumlichkeiten wieder für die Meditationen der Mönche “aufzupolieren”.
Nach getaner Arbeit ging es an Bastelarbeiten. Wir stellten uns hier selbst hölzerne Gebetsketten her. Man fühlte sich wieder ein wenig wie ein Kind dabei…
Teestunde mit der Mönchin
Mit neuem Halsschmuck ging es dann zur Fragestunde bei Tee mit Gebäck mit der Mönchin. Hier ging es zum Beispiel um all das, was man als buddhistischer Mönch in Korea aufgeben muss, um zum Mönch zu werden: Bevor man zur fünf Jahre dauernden Anwartschaft zugelassen wird, muss man sich gegen Ehe und Kinder entscheiden bzw. wenn man bereits verheiratet ist, sich scheiden lassen.
Des Weiteren ging es darum, wie lange die tägliche Meditation sein sollte. Hier gab es seitens der Mönchin die eindeutig mehrdeutige Antwort, dass dies darauf ankomme und nicht nur die Meditation selbst, sondern auch die Art, wie man seinen Alltag gestalte, Meditation darstelle. Hier kam man den Beweggründen, warum jemand sich entschließt, alles Weltliche hinter sich zu lassen und zum Mönch zu werden, durch die sehr offene und herzliche Art der Mönchin sehr nahe.
Frisch gestärkt gingen die einen weiter zum Basteln mit Moon-Un, ich entschied mich dagegen, alleine im Tempel zu meditieren. Wann hat man sonst die Gelegenheit, in einer solchen eindrucksvollen Umgebung zu meditieren?
Den Abschluss des offiziellen Meditationskurses bildete das Mittagessen, das wir im Freien einnahmen. Wie auch beim Abendessen und beim Frühstück zuvor wiede ausgezeichnetes, typisch koreanisches Essen, dieses Mal Nudelsuppe.
Mein Resümee: Ein Templestay in Korea lohnt sich! Die Kosten sind gering (ca. 40 Euro pro Person) und die Erfahrungen sind unersetzlich.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.