Die Multiple Sklerose ist eine so genannte Autoimmunerkrankung, das heißt, das menschliche Immunsystem greift körpereigene Zellen oder Bindegewebe an. Im Fall von MS erscheinen den Abwehrzellen vollkommen gesunde Nervenzellen und vor allem deren schützende Ummantelung als gefährlich. In Entzündungsschüben reagieren sie auf diese mit einer intensiven Immunantwort, die für die Betroffenen unangenehm bis sehr gefährlich werden können.
Symptome während eines Schubes können vom Kribbeln in den Händen bis zu Lähmungserscheinungen, Sprach- und Sehbeeinträchtigungen gehen. Menschen, die an dieser Krankheit leiden, bilden manchmal auch nicht sichtbare Symptome aus, wie es etwa die “Fatigue” ist – plötzliche Müdigkeitsattacken, die ohne Vorwarnung jederzeit passieren können, Konzentration über längere Zeiträume hinweg wird allgemein schwierig. Die teilweise schweren Symptome, die während eines Entzündungsschubs auftreten, dauern meist einige Tage bis Wochen an und können sich vollständig oder nur teilweise zurückbilden.
Da die Multiple Sklerose eine Krankheit ist, die das Leben einschneidend verändern kann, entstehen aus der Diagnose und den Symptomen auch Ängste, Depressionen und Gefühle der Hilflosigkeit. Durch den medizinischen Fortschritt bedeutet MS heute jedoch nicht mehr unbedingt ein Leben im Rollstuhl, der Verlauf kann sich durch Medikamente und andere Therapien stark hinauszögern oder sogar stoppen. Ein ganz wesentlicher Faktor ist wie bei allen Krankheiten jedoch die innere Einstellung, auch und gerade während eines Schubes.
Herkömmliche Herangehensweise bei Multipler Sklerose
Die schulmedizinische Therapie von MS unterteilt sich in die akute Schubbehandlung und langfristige immunmodulierende Maßnahmen. Das Ziel ist es, Körperfunktionen möglichst lange intakt zu halten, damit die Erkrankung auf das Leben der Betroffenen einen möglichst geringen Einfluss hat. Das gilt auch für die Nebenwirkungen der Medikamente.
Schubtherapie
Kommt es zu Bewegungsbeeinträchtigungen, so gibt der Arzt oder die Ärztin während einer akuten Phase der MS starke entzündungshemmende Mittel intravenös. Kribbelgefühle und andere sensitive Veränderungen bleiben meist unbehandelt. Die Medikamente sollen die schon vorhandenen Herde zum Abklingen bringen und eine weitere Ausbreitung stoppen. Diese Behandlung dauert einige Tage, ist dann der Schub noch nicht beendet, können Mediziner die Gabe der Medikamente wiederholen. Zeigt sich immer noch keine Wirkung, so ist nun eine Plasmapherese (ein Austausch des Blutplasmas) möglich, die jedoch mit ernsthaften Risiken verbunden ist und nur bei 40 Prozent der Patienten Hilfe bringt.
Der Grund für das drastische Eingreifen ist, dass Veränderungen während eines Schubes – etwa Lähmungserscheinungen – auch bestehen bleiben können. Eine rasche Rückbildung ist daher das wichtigste medizinische Ziel in dieser Phase.
Immunmodulierende Maßnahmen (Langzeittherapie)
Durch eine Beeinflussung des körpereigenen Abwehrsystems will die Medizin verhindern, dass weitere Schäden durch Entzündungen auftreten. Die Immunsuppression (Abwehrunterdrückung) arbeitet, indem sie die Bildung von weißen Blutkörperchen unterbindet oder zumindest herabsetzt. Diese Zellen sind ein wichtiger Bestandteil des körpereigenen Immunsystems – im Falle einer Autoimmunerkrankung wie der Multiplen Sklerose greifen sie den Körper selbst an. Durch diese Maßnahme können jedoch auch “echte” Krankheitserreger wie Viren und Bakterien leichter eindringen. Immunmodulierende Substanzen verändern das Abwehrsystem auf verschiedene Arten und tragen dadurch zur Unterdrückung von Entzündungsreaktionen bei.
Wie die meisten Medikamente haben auch die Mittel, die die Medizin bei MS einsetzt, mehr oder weniger starke Nebenwirkungen. Daher ist es sinnvoll, nur so viel davon einzunehmen oder zu injizieren, wie notwendig ist.
Meditation kann Therapien und medikamentöse Behandlung unterstützen, indem sie mehr Gelassenheit möglich macht und bei langer, intensiver Arbeit sogar die Grundmuster, die diese Krankheit bedingen, auflösen kann.
Wie wirkt Meditation bei Multipler Sklerose?
Zwei Ebenen kann die Meditation bei dieser Erkrankung positiv beeinflussen:
- Durch große Änderungen im Leben der Betroffenen und eine stete Unsicherheit, wann und ob ein neuer Entzündungsschub einsetzen wird, können Ängste und Depressionen die MS begleiten.
- Jeder Krankheit liegt ein bestimmtes seelisches Muster zugrunde. Es besteht die Möglichkeit, dieses durch intensive Selbsterfahrung, wie sie während der Meditation geschieht, zu erkennen und nach und nach aufzulösen.
Ängste und Depressionen
Allgemein ist es immer wieder zu beobachten, dass Unsicherheiten, Sorgen und gedrückte Stimmungen sich mit verschiedenen Meditationstechniken wesentlich verbessern. Dies gilt auch für Menschen, die an Multipler Sklerose erkrankt sind. Auch Fatigue, die starke Müdigkeit, unter der viele Betroffene leiden, kann sich deutlich bessern.
Grund dafür ist, dass nicht mehr die Krankheit und die oft als düster geschilderten Aussichten für die Zukunft im Vordergrund stehen, sondern das momentane Erleben des eigenen Körpers, der eigenen Seele. Der Augenblick kann bunt und fröhlich oder tief und intensiv sein, unabhängig davon, was davor war oder danach noch kommen wird. Selbst Schmerzen, Lähmungserscheinungen oder Wahrnehmungsstörungen können im bewussten Jetzt in den Hintergrund treten beziehungsweise eine vollkommen neue Fülle an sinnlichen Eindrücken ermöglichen.
Durch diese Einsichten steigt das Selbstbewusstsein und die Bereitschaft, die Krankheit als das anzunehmen, was sie für den einzelnen Menschen ist.
Um eine erste Entspannung zu bemerken, sind oft nur wenige Meditationen notwendig. Eine dauerhaft bessere Stimmung kann nach wenigen Wochen in dein Leben einkehren.
Durchleuchten der zugrundeliegenden Muster
Mit fortschreitender Meditationspraxis gelingt es immer besser, hinter die seelischen Kulissen zu blicken. Zusammenhänge verdeutlichen sich, die zuvor bestenfalls verschwommen – wenn überhaupt – der bewussten Wahrnehmung zugänglich waren. Wie jede Krankheit, so hat auch die Multiple Sklerose bestimmte Entsprechungen auf der seelischen Ebene. Durchschaust du diese und integrierst sie in dein Sein, so müssen sie nicht mehr so vehement nach körperlichem Ausdruck suchen. Es besteht die Möglichkeit, dass Symptome sich verbessern, die Abstände zwischen den Schüben größer werden oder die akuten Phasen weniger intensiv ausfallen.
Selbsterkenntnis beinhaltet auch, für sich persönlich zu reflektieren, wann ein Schub auftritt. In der Medizin gelten akute Entzündungsanfälle in der Multiplen Sklerose als nicht oder kaum vorhersehbar. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein konkreter Mensch nicht in der Lage sein kann, für sich persönlich Zusammenhänge zu erkennen.
Beobachte im Alltag und im Zuge von Meditationen:
- Gibt es körperliche oder seelische Zustände, die häufig einem Anfall vorausgehen?
- Wie ist meine Gefühlslage vor einer Akutphase?
- Wie sieht es in Partnerschaften und Beziehungen aus? Kannst du Zusammenhänge erkennen?
- Ist deine Lebenssituation vor einer Entzündungsphase besonders entspannt oder stressgeladen?
- Wirken sich vielleicht äußerliche Einflüsse aus (Wärme, Kälte, Sonnenlicht, gute/schlechte Luft, …)?
Lass dich nicht entmutigen, wenn du nicht rasch Antworten auf diese Fragen findest. Selbsterkenntnis braucht Zeit, gerade bei einer Erkrankung, die sich auf solch unterschiedliche Weise ausdrückt wie die Multiple Sklerose. Um tiefe Einsichten in das eigene Sein zu gewinnen, ist es für alle Meditierenden nötig, sich über viele Monate oder sogar Jahre regelmäßig mit sich selbst zu beschäftigen.
Meditationstechniken bei Multipler Sklerose
Welche Methode für dich als Betroffene oder Betroffenen am besten geeignet ist, kommt sehr darauf an, ob und welche Beeinträchtigungen durch die MS für dich im Alltag bestehen. Solltest du praktisch symptomfrei leben, so kannst du jede Meditationsart wählen, die dir sympathisch ist. Bei sehr aktiven Formen ist es sinnvoll, vor der Ausübung ärztlichen Rat einzuholen.
Passive und nur leicht bewegte Meditationen eignen sich vor allem dann, wenn die Multiple Sklerose bereits zu dauerhaften körperlichen Beeinträchtigungen wie Lähmungserscheinungen geführt hat.
Achtsamkeitsmeditation
Diese Technik bietet in aller Ruhe tiefe Einsichten in die eigene Gedanken- und Körperwelt. Je nach Herangehensweise konzentrierst du dich in bequemer Haltung auf Gedanken, Gefühle oder körperliche Empfindungen. Du erkennst, dass es in deinem Körper zu jeder Zeit Bereiche gibt, die sich heil und gut anfühlen, sowie Bereiche, die weniger angenehm sind. Diese können sich mit deiner Aufmerksamkeit jedoch verändern.
Du bemerkst, dass auch Gefühle weiterziehen, unabhängig davon, ob sie für dich positiv besetzt oder weniger erfreulich sind. Dasselbe gilt für Gedanken. Auch Angst oder dunkle Zerrbilder erscheinen nach und nach als nur eine Facette einer großen Palette von Empfindungen und Gefühlen.
Aktive Meditationen
Je nach deinen körperlichen Besonderheiten sind aktive Meditationen mehr oder weniger gut für dich geeignet. Besprich vor allem sehr bewegte Techniken vor der ersten Ausübung mit deinem Arzt, und weise auch die Kursleitung der Meditationsgruppe auf deine Multiple Sklerose hin. Du erhältst dann wertvolle Hinweise und die Aufmerksamkeit, die du brauchst.
Weitere Alternativen
Eine beliebte Methode für Menschen mit MS ist Yoga. Wesentlich ist es auch hier, im Zweifelsfall zuerst den Mediziner um seine Meinung zu fragen. Manche Institute bieten spezielle Kurse für Menschen mit Multipler Sklerose an, du hast aber auch die Möglichkeit, jeden beliebigen Kurs zu besuchen, der deiner Erfahrung im Yoga entspricht.
Besonders zu Beginn ist es sinnvoll, die Übungen eher langsam zu machen, bis du weißt, wie dein Körper reagiert.
Techniken mit Musik und Gesang bringen dich in Schwingung und heben die Stimmung. Darüber hinaus wirken sie sich positiv auf die körpereigenen Rhythmen aus.
Fantasiereisen können dich dabei unterstützen, ungewöhnliche Antworten auf die Fragen des “Warum” und “Wohin” zu finden.
Resümee
Bei der Multiplen Sklerose ist die Schulmedizin ein ganz zentraler Bereich für eine zielführende Behandlung. Meditationen können die Stimmung steigern und die Akzeptanz der eigenen Befindlichkeit verbessern. Tiefe Einblicke ins eigene Wesen können sogar dazu führen, dass du die seelischen Krankheitsauslöser erkennen und liebevoll integrieren kannst. Symptome können dann langsam in den Hintergrund treten. Entspannung stellt sich durch Meditationstechniken relativ rasch ein, grundlegende Erkenntnisse ergeben sich mit der Zeit.
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