Bei der Achtsamkeit geht es hauptsächlich darum, den Moment so wahrzunehmen, wie er ist.
Bei der Achtsamkeit geht es hauptsächlich darum, den Moment so wahrzunehmen, wie er ist.

Bewusstes, nicht wertendes Aufmerksamsein, das entspricht dem Wesen der Achtsamkeit. Auch bei Übungen in der nichtformalen Praxis geht es darum, in jedem Augenblick bewusst und vollständig wach zu sein, sich jeden Moment so gut wie möglich zu eigen zu machen.

Eine Reihe von Strategien, mit deren Hilfe Achtsamkeit im Alltag ungesetzt werden kann, kennen wir bereits: beim Zuhören, Essen, Gehen, Reden, Stehen und Arbeiten. Wenn Du wach bist, kannst Du achtsam sein, jederzeit und überall.

Achtsamkeit strebt nichts an, sie sieht einfach, was bereits das ist.Mahathera Gunarantana

 

Dein häusliches Übungsprogramm, um in Deinem Leben Wurzeln zu schlagen:

  • 1. Nehme mindestens eine Mahlzeit in einer Woche achtsam ein.

 

  • 2. Widme wenigstens einer Routinehandlung pro Tag Deine Achtsamkeit: Wenn Du morgens aufstehst, Dir die Zähne putzt, den Abwasch erledigst, beim Kochen, Einkaufen, Müll hinausbringen, wenn Du den Kindern vorliest oder wenn Du sie zu Bett bringst. Versuche stets präsent zu sein.

 

  • 3. Achte auf erfreuliche oder angenehme Ereignisse. Nehme sie bewusst wahr, während sie geschehen. Vermerke diese zusammen mit begleitenden Gefühlen, Gedanken und Körperempfindungen in einem Notizbuch. Achte auf wiederkehrende Muster oder Themen. Versuche, den Momenten in flagranti habhaft zu werden, indem Du auf Autopilot schaltest. Dafür achtest Du zu verschiedenen Tageszeiten immer wieder auf den Augenblick. So erfährst Du, unter welchen Bedingungen etwas geschieht, was Dich immer wieder aus Deiner Mitte reißt, welche Stimmungen überwiegend vorherrschen, wo Du am wenigsten hinsehen möchtest und was in Deinem Körpergewahrseim passiert, wenn Du in den automatischen Modus verfällst.

 

  • 4. Nehme auf dieselbe Weise Deine unerfreulichen oder belastenden Ereignisse wahr. Mache sie Dir in dem Moment bewusst, wenn sie geschehen. Achte immer wieder auf abzeichnende Muster. Alle Gefühle, die damit einhergehen notierst Du. Du erfährst, warum etwas zu einem unerfreulichen Ereignis wird. Nicht selten treten Stressreaktionen auf. Achte auf sie, aber unternehme nicht den Versuch sie zu beeinflussen. Fühlst Du dich hilflos oder blockiert? Auch hier solltest Du nicht versuchen den Zustand auf irgendeine Weise aufzulösen, vielmehr nehme ihn in Deinem Gewahrseim auf und sei dabei so wohlwollend wie möglich.

 

  • 5. Bemerke rechtzeitig Deinen Automatismus. Achte auf die Momente, in denen Du in alte Gewohnheiten, Muster und Denkschemata verfällst. Bemerke den Automatismus rechtzeitig, um einen bewussteren Umgang mit der jeweiligen Situation zu finden. Betrachte es als ein Experiment. Stellst Du eine Affektreaktion fest, dann gebe ihr im Verlauf der Achtsamkeit eine andere Richtung. Möglicherweise hast Du Dinge persönlich genommen, die nicht persönlich gemeint sind. Finde darüber hinaus einen Ansatzpunkt, Deine impulsiven Reaktionen zu steuern. Entwickle dabei eine gewisse Kreativität, auf Eleganz kommt es weniger an.

 

  • Achte beim Body-Scan, während Deiner Sitzmeditation oder bei Deinen Yogaübungen auf Deine Affektbereitschaft. Sämtliche Reaktionen wie Ungeduld, Selbstmitleid oder Gereiztheit nimmst Du in Deinem Gewahrsein auf. Mediation ist das perfekte Experimentierfeld, um sich seiner Erregungszustände bewusst zu werden. Mache dir darüber hinaus schwierige Gesprächsverläufe bewusst. Wie sind sie entstanden? Worum ging es und welche Richtung hat der Dialog tatsächlich entwickelt? Welche Themen und Muster tauchten immer wieder auf? Diese Übung gibt Aufschluss über die eigene seelische Verfassung und darüber, wie Deine Art der Kommunikation auf andere Menschen wirkt.

 

  • 6. Treffe Entscheidungen im Bezug auf Dein Essen. Achte darauf, woher die Lebensmittel stammen, wie sie aussehen und wieviel du davon zu Dir nimmst. Welche Vorstellungen werden ausgelöst, wenn Du sie verspeist? Wie fühlst du dich während und nach einer Mahlzeit? Entscheide dich stets für eine neugierige und interessierte Haltung, statt zu bewerten. Achte auf Deine Nahrung und gleichzeitig auf Deine Sinneskanäle. Augen, Ohren und Nase sind auf Empfang ausgerichtet. Es sind die Kanäle, über die Du etwas von der Welt in Dir aufnimmst- visuelle Endrücke, Geräusche, selbst die Luft zum Atmen mit Spuren der Verunreinigung.
    Diese Betrachtung kannst Du auch in andere geistige Diäten mit einschließen. Beispielsweise in Form von Bildern und Information durch Medien. Achte auch auf die Qualität Deiner Kontakte mit anderen Personen. Experimentiere mit Deiner inneren Haltung: Was liegt Dir am Herzen? Wo und bei wem zeigst Du dich gütig und besonders aufmerksam?

 

  • 7. Bei Deiner letzten Übung achtest Du auf Deine Gewohnheiten vom Schlafen bis zum Aufwachen und umgekehrt. Wie wirst Du wach? Gehst du bereits am Morgen achtsam mit Dir um? Versuche, so lange im Bett zu verweilen, bis Du wirklich wach bist. Begrüße den Morgen als den Beginn eines völlig neuen Tages. Verfolge keinerlei Absichten, sondern verweile einige Minuten in diesem Bewusstsein. Stelle dir den Wecker 5 Minuten früher und genieße die Zeit, denn sie ist noch frei vom Druck Deines zu erwartenden Tagespensums.Liegst Du am Ende des Tages wieder im Bett, nehme sanft Kontakt mit Deinem Atem auf. Atme mehrmals bewusst ein und aus, löse dich vom Tagesgeschehen und gehe allmählich in den Schlaf über. Es ist eine schöne Angewohnheit, vor dem Einschlafen gute Gedanken auf sich selbst und auf andere zu richten.
Dieses Achtsamkeitsprogramm entspricht den Empfehlungen von Jon-Kabat Zinn.

Das weite Feld der Routinetätigkeiten bietet zahlreiche Gelegenheiten, sich in der Achtsamkeit zu üben. Selbst das Treppensteigen zählt dazu. Natürlich weißt Du wie man eine Treppe hinauf und hinabgeht, aber in der Achtsamkeitspraxis geht es nicht allein um die pure Kenntnisnahme, vielmehr handelt es sich um überbegriffliches Wissen, den Kern des Gewahrseins.

Das ist die Gelegenheit, uns die richtigen Fragen zu stellen. Wir verbinden uns mit der Gegenwart und kommen in Kontakt mit dem, was wir gerade tun. Bin ich präsent? Bin ich wach? Bin ich in meinem Körper? Solange Du wach bist, kannst Du achtsam sein. Du musst Dich nur immer daran erinnern und es wirklich wollen.

 

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