Vipassana wird aus dem Pali, einer mittelindischen Sprache, mit dem Wort „Einsicht“ übersetzt und bedeutet zugleich „die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind“. Bei dieser Meditationstechnik handelt es sich um eine der ältesten Traditionen Indiens, um die „Kunst zu leben“ zu üben. Es geht bei der Einsicht grundsätzlich darum, zu verstehen, dass Menschen universell betrachtet von drei Daseinsmerkmalen getrieben und beeinflusst werden, die Unzufriedenheit und dadurch Leid erzeugen. Dabei handelt es sich um das Wissen und dem damit verbundenen Leid über die Unbeständigkeit des Lebens, der Leidhaftigkeit und dem Gefühl des Nichtgenügens sowie um selbst erzeugtes Leid durch das Nicht-Selbst-Sein.

Die Philosophie hinter der Technik stützt sich weder auf eine bestimmte Religion noch auf eine besondere Weltanschauung, sondern hat zum Ziel, geistige Unklarheiten zu beseitigen, um letzten Endes den Geist von Leid zu befreien. Durch Selbstbeobachtung während der Meditation können Sie mit Vipassana einen Weg zur Selbstveränderung finden, wobei der Schwerpunkt auf eine enge Wechselbeziehung zwischen Geist und Körper liegt. Dabei wird ein besonderer Fokus auf körperliche Empfindungen gerichtet und zugleich der Geist auf Achtsamkeit trainiert.

Denn solche körperlichen Empfindungen bestimmen das Leben und beeinflussen zugleich den Geist. Durch die fokussierte Beobachtung des Wechselspiels zwischen körperlichen und geistigen Befindlichkeiten findet mit Hilfe der Vipassana-Meditationstechnik eine Reise in die Tiefen des eigenen Selbst statt, um so geistige Unreinheit aufzulösen und dadurch zu einer ausgeglichenen Lebensweise voller Liebe und Mitgefühl zu gelangen.

 

Geschichte und Entwicklung der Vipassana-Meditation

Die Lehre und die Tradition von Vipassana ist bereits 2500 Jahre alt und geht auf die Zeit Buddhas zurück. Seit dieser Zeit wurde sie von Lehrer zu Lehrer praktisch und mündlich tradiert. Gegenwärtig vermittelt S.N. Goenka, der in Burma geboren und aufgewachsen ist, diese alte Tradition und gibt sein Wissen und seinen Erfahrungsschatz seit 1969 an seine Schüler in Indien weiter. Beim Übungsweg der Achtsamkeitsmeditation Vipassana sollen Leiden, die durch Verblendung oder Nichtsehen verursacht wurden, überwunden werden, damit ein von Leid befreites Leben möglich wird.

Heute werden weltweit die Lehren des Vipassanas in Meditationszentren unterrichtet. Auch finden sich viele Gemeinschaften, die aus Lehrern und Schülern bestehen, rund um den Erdball zusammen, um die positiven Effekte für alle Menschen greifbar zu machen. Wie bei vielen anderen Meditationstechniken, ist dabei die regelmäßige Praxis wichtig für den Fortschritt auf dem Weg zu neuen Erkenntnissen. Denn nur durch die direkte Erfahrung, die durch die Praxis hervorgeht, können Sie Einblicke in die Naturgesetze der eigenen Denk- und Gefühlswelt erlangen, um zu lernen, die eigenen Empfindungen und Urteile selbst zu steuern.

Der Weg des Vipassanas steigert die Achtsamkeit auf die eigenen Empfindungen aber auch auf die Dinge und Menschen, die dich umgeben. Durch die daraus erfahrenen Einsichten wirst du selbst auferlegte Täuschungen und Illusionen durchschauen können, um dadurch zu größerer Selbstkontrolle und zu innerem Frieden zu gelangen.

Für wen ist die Vipassana-Meditation geeignet?

Vipassana kommt den Verfahren moderner Psychotherapie sehr nahe, obwohl bei dieser Meditationstechnik Selbsterkenntnis nicht durch eine rein intellektuelle Analyse stattfindet. Denn sogar Freud formulierte die Theorie über das Unbewusste zu seiner Zeit in ähnlicher Form aus, wie sie von Vipassana-Lehrern bereits seit 2500 Jahren unterrichtet wird. Grundlegend gilt hier, dass Leid durch eine mentale Fixierung auf Ablehnung oder durch Gier erzeugt wird. Auch bei jeder Form von Sucht geht es um Unzufriedenheit, der eigentlich eine Sehnsucht nach Glück vorausgeht. Der Versuch, schmerzhafte Erfahrungen zu vermeiden sowie das Verharren in Erinnerungen an erfahrene Schmerzen führt zu Leiden. In all diesen Fällen handelt es sich um Fixierungen, die Ihnen bewusst oft nur zu einem kleinen Teil zugänglich sind.

Der größere Teil dieser Fixierungen wirkt unbewusst und nimmt so Einfluss auf Ihr Leben. Denn das Handeln wird durch unbewusste Vorurteile, die auf alte Erfahrungen zurückgreifen, beeinflusst. Dabei kann es sich um Ängste der Zukunft betreffend handeln oder Begierden, die uns ständig in eine bestimmte Richtung treiben, die wir uns bewusst eigentlich nicht wünschen. Beschäftige dich tiefergehend mit der Vipassana-Lehre und den Erfahrungen und Erkenntnissen, die du aus einer regelmäßigen Praxis gewinnen kannst, wirst du tiefere Einsichten von der Gesamtheit des Bewussten und Unbewussten als Geist sowie der untrennbaren Verbindung zum Körper und zum materiellen Leben gewinnen.

Die Techniken der Vipassana-Meditation sind deshalb für all jene geeignet, die etwas in ihrem Leben verändern wollen und die immer wieder in Situationen oder Verhaltensmuster ungewollt fallen und nicht wissen, warum das passiert. Vipassana ersetzt keine klassische Psychotherapie, wird aber in vielen Fällen zu mehr Klarheit über die eigenen Wünsche oder über Beziehungen zu anderen verhelfen. Diese Meditationstechnik verhilft dir aber auch zu einem ruhigeren und ausgeglichenen Geist, um im Alltag wieder aus dem Vollen schöpfen zu können. Denn in so schnelllebigen Zeiten wie diesen, verlangt das Leben oft eine Unzahl an Aufgaben von einem ab, die bewältigt werden müssen und Stress verursachen. Vipassana schafft eine Möglichkeit, den Geist vollkommen abzuschalten, um sich wieder auf das Wesentliche besinnen zu können.

Eine regelmäßige Meditationspraxis schärft außerdem die Wahrnehmung und erhöht die Achtsamkeit. Durch das Training des Geistes wirst du ein Werkzeug für dich entdecken, wie du bewusst deine Gedanken und Empfindungen auch im Alltag steuern kannst. Suche nach einer Möglichkeit der Selbsterkenntnis, dann gehört neben vielen anderen Meditationsformen die Vipassana-Technik sicherlich zu einer der effektivsten Methoden. Durch die intensive Beschäftigung, die in Vipassana-Meditationszentren meist über mehrere Tage lang ausgeübt wird, schaffst du dir selbst Raum und Zeit, um dich voll und ganz auf dein Vorhaben konzentrieren zu können.

 

Was benötige ich für diese Meditationstechnik?

Meditation bedeutet in erster Linie eine Beschäftigung mit Ihrem inneren Erleben. Unterstützt wird dieser Prozess durch ein Ausschalten äußerlicher Störquellen. Vipassana kann zuhause in der Stille praktiziert werden oder aber auch in einem Meditationszentrum, unter Anleitung erfahrener Lehrer. In einem Zentrum für Vipassana-Meditation werden Kurse angeboten, die über mehrere Tage am Stück stattfinden, von zehn bis sogar zu 60 Tagen durchgehend. Das bedeutet, dass du für Vipassana und den Weg zur Selbsterkenntnis und Achtsamkeit in erster Linie Zeit benötigst.

In den meisten Meditationszentren wird dafür keine Gebühr erhoben, weder für die Kurse noch für Unterkunft und Verpflegung. Das heißt, dass du die Stille sowie optimale Bedingungen für eine umfangreiche Meditationspraxis auch ohne finanziellen Aufwand genießen kannst. Zumeist werden die Kosten für Vipassana durch Spenden und durch ehrenamtliche Mitwirkende finanziert, da die Technik in ihrer ursprünglichen Form nicht kommerziell gelehrt wird und allen interessierten Menschen frei angeboten werden soll.

Stellen sie sich darauf ein, früh aufzustehen!
Stellen sie sich darauf ein, früh aufzustehen!

Hast du dich dazu entschieden, einen intensiven Einstieg in die Welt des Vipassanas zu wagen, indem du zehn oder mehr Tage in ein Meditationszentrum reist, dann gibt es ein paar Besonderheiten, auf die du dich vorab schon einstellen kannst. Für gewöhnlich beginnt die Meditationspraxis jeden Tag bereits um vier Uhr morgens und wird insgesamt an die elf Stunden pro Tag praktiziert. Bei Vipassana geht es um eine innere Einkehr. Das bedeutet, dass die Zeit im Meditationszentrum in kompletter Stille verbracht wird. Die letzte Mahlzeit des Tages nimmst du für gewöhnlich um 12 Uhr mittags ein.

Während der Meditation wird eine Sitzposition gewählt, die du auch fortwährend einhalten sollst. Um das zu schaffen, bedarf es einer starken Willenskraft. Während der Meditation geht es darum, den Geist ins Hier und Jetzt zu lenken, auch wenn die Gedanken fortwährend gerne abschweifen, sei es durch Sorgen oder Ärger, der einen begleitet oder einfach nur durch körperliche Beschwerden, die durch die eingenommene Sitzposition hervorgerufen werden. Höchste Konzentration und den Willen, die Vipassana-Meditation fortzusetzen, sind hier gefragt. Doch schafft man die Loslösung von körperlichen Befindlichkeiten sowie gedanklichen Ablenkungen, dann beginnt die Reise in die Tiefen des eigenen Unbewussten und es eröffnen sich weite Räume ins eigene Universum.

Um an einem mehrtägigen Retreat teilnehmen zu können, musst du die Teilnahmebedingungen akzeptieren, die in ihren Grundzügen in allen Meditationszentren gleich sind. Als Fundament für die Praxis von Vipassana dient sittliches Handeln, auch „sila“ genannt, als Basis für die Entwicklung von „samadhi“, der Fähigkeit, seinen Geist zu konzentrieren. Durch „panna“, der Reinigung des Geistes, wird die Möglichkeit geschaffen, durch Introspektion zu Weisheit zu gelangen. Zu den Grundregeln des Vipassanas gehört es, keine Wesen zu töten, nicht zu lügen oder zu stehlen, sexuell enthaltsam zu leben sowie auf Rauschmittel wie Alkohol, Drogen oder Tabak, zu verzichten. Die Einhaltung von diesen ethisch-moralischen Regeln dient dazu, den Geist zu beruhigen. Dies ist die Voraussetzung, um bei der Arbeit der Selbstbeobachtung Fortschritte machen zu können.

Hast du diese Grundvoraussetzungen verinnerlicht, gilt als nächster Schritt, die Herrschaft über die eigenen Gedanken zu entwickeln. Die bewusste Atmung und die Beobachtung des Hereinströmens und Herausfließens des Atems hilft dabei, Achtsamkeit zu schulen und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Nach drei Tagen Achtsamkeitsübungen wirst du bereits konzentrierter und ruhiger die Meditation durchführen können. Dadurch wirst du deine Empfindungen besser verstehen sowie eine Art Gleichmut ihnen gegenüber entwickeln.

Die Frage, was du für die Vipassana-Meditation also brauchst, ist eigentlich leichter zu beantworten, indem du fragst, was du nicht brauchst. Denn tatsächlich brauchst du, außer einer bequemen Kleidung, nichts weiter, als geistige Präsenz und freie Zeit, damit du von äußeren Einflüssen nicht abgelenkt wirst. Dazu zählt auch der Verzicht auf Telefonate, Zeitschriften, Literatur, Fernsehen, Gespräche mit anderen, sinnliche Vergnügungen sowie Körperschmuck während des intensiven Retreats. Auf Luxus soll für diese Zeit ebenfalls verzichtet werden, denn du solltest diese ausschließlich dazu nutzen, um mit dir selbst ins Reine zu kommen. Die Mitnahme von Papier und Stiften ist aber sinnvoll, um Gedanken, Erfahrungen und neue Erkenntnisse schriftlich festhalten zu können.

 

Wie viel Zeit sollte ich einplanen und was ist der ideale Zeitpunkt?

Im Vipassana-Retreat solltest du, wie schon erwähnt, mindestens zehn Tage Zeit zum Meditieren haben. In diesem Zeitrahmen ist es ratsam, wenn du dich von sämtlichen Verpflichtungen des Alltags befreist und einfach nicht erreichbar bist. Das geht wahrscheinlich am besten im Urlaub oder wenn du dir am Stück diese Zeit frei nehmen können. Hast du vor, Vipassana zu Hause in deinen Alltag zu integrieren, dann ist täglich eine Stunde am Morgen und eine am Abend der beste Zeitpunkt dafür. Grundsätzlich lohnt es sich, einmal im Jahr ein Retreat von zehn Tagen zu absolvieren, da hier der Effekt der Methode um einiges intensiver ist.

Für die Vipassana-Meditation ist der richtige Zeitpunkt sehr wichtig, da viele Menschen einen von Pflichten strukturierten Tagesablauf haben. Gibt es gerade viele Erledigungen, die dich innerlich drängen oder stehst du gerade unter Zeitdruck, ist dies nicht der produktivste Zeitpunkt für eine Meditation. Sinnvoller hingegen ist es, sich eine bestimmte Zeit für die Meditationspraxis einzuteilen, beispielsweise frühmorgens oder abends, nach Erledigung aller Pflichten, damit du dich mit voller Aufmerksamkeit dem Vipassana widmen kannst. Zu Beginn reichen 15 Minuten Praxis vollkommen aus. Du kannst die Meditation mit laufender Übung langsam auf bis zu einer Stunde pro Sitzung steigern.

Meditation sollte aber nie aus einer rein mechanischen Termineinteilung heraus stattfinden, sondern aus der Bereitschaft, sich selbst zu erforschen sowie sich mit sich und anderen auszusöhnen. Durch diese Haltung wird sich die Meditationspraxis ganz natürlich entfalten können. Wichtig für den richtigen Zeitpunkt zum Meditieren ist ein Ort und ein Rahmen, in dem du vollkommen ungestört sein kannst. Ein Raum vermittelt dir Ruhe, wenn er übersichtlich und geordnet sein Erscheinungsbild auf dein Innenleben widerspiegeln kann. Auch bietet ein heller und geräumiger Raum auf dich selbst einen klärenden und erhellenden Einfluss.

 

Anleitung zur Vipassana-Meditation

Mit der Anleitung zur Vipassana-Meditation können Sie diese Technik selbst zuhause ausprobieren oder auch regelmäßig üben. Ideal ist die tägliche Praxis von Vipassana, am besten morgens und abends.

 

Zur Vorbereitung

Wenn du nicht gerade auf einem mehrtägigen Retreat bist und die Vipassana-Mediation in den Alltag holen willst: Stelle zuerst dein Telefon sowie die Türklingel aus, damit du für die folgenden 30 bis 60 Minuten absolut ungestört sein kannst.

Schlüpfe in eine bequeme Kleidung und suche dir ein Sitzkissen oder eine Yogamatte und begebe dich in einen Raum, indem du dich wohl fühlst.

 

Zur Atmung

Beginne die Meditation, indem du eine aufrechte Sitzposition einnimmst und die Augen schließt. Du kannst auf einem Sessel oder im Schneidersitz am Boden eine bequeme Haltung einnehmen. Allerdings solltest du dich nicht dabei anlehnen. Die Augen können auch halb offen gehalten werden, jedoch funktioniert die Konzentration auf die Atmung und das innere Erleben leichter, wenn der Geist nicht durch äußere Sinnesreize abgelenkt wird.

Konzentriere dich nun ausschließlich auf deinen Atem, wie er beim Einatmen durch deinen Körper wandert und beim Ausatmen diesen wieder verlässt. Beobachte dabei, wie sich beim Einatmen dein Brustkorb hebt, der Atem gleichzeitig über die Arme bis in die Fingerspitzen fließt und wieder zurück. Erweitere die Wahrnehmung des Atemweges mit jedem Atemzug ein Stückchen mehr. Bei der nächsten Einatmung hebt sich zuerst der Brustkorb, dann die Bauchdecke, die sich beim Ausatmen wieder senkt. Der nächste Schritt ist die Vorstellung, wie der Körper mit Sauerstoff bis in die kleinste Zehenspitze versorgt wird und alles Alte, was nicht mehr benötigt wird, mit der Ausatmung losgelassen und abgeleitet wird.

Die Konzentration auf den Atem dient zum einen als Ablenkungsmanöver für deinen Geist. So hast du keine Zeit, um dir über Pflichten oder Sorgen Gedanken zu machen. Zum anderen hat das Atmen mit einer Vorstellung auch den Effekt, dich innerlich von Altlasten zu befreien und danach erfrischt sich dem Alltag widmen zu können. Diese Atemtechnik ist zugleich auch ein Training der Achtsamkeit, denn so wird der Körper Zelle für Zelle bewusst wahrgenommen.

 

Achtsamkeitstraining während der Meditation

Du kannst diese Technik noch erweitern, indem du dich speziell auf einen Körperteil konzentrierst. Hast du den ersten Teil der Meditation durchgeführt, kannst du nun beginnen, eine Hand zu einer Faust zu ballen und dazu nur den Zeigefinger auszustrecken. Die Hand solltest du dabei so hinlegen, dass diese Haltung eine Zeit lang beibehalten werden kann, beispielsweise auf das Bein oder auf das Knie. Atme tief ein und wieder aus und erlebe dabei die vollkommene Leere, ohne Konzentration auf eine bestimmte Sache.

Treten keine störenden Gedanken mehr auf, dann lenken deinen inneren Fokus auf das Fingergefühl. Spüre den ausgestreckten Finger, spüre weiter hinein und stelle dir dabei die Frage, was dieses Hineinspüren in dir auslöst.

Kommen besondere Gedanken oder Gefühle in dir hoch? Beobachte diese, ohne sie zu bewerten. Nach ein paar Minuten wird sich durch die Konzentration und die dadurch entstandene stärkere Durchblutung ein Kribbeln im Finger einstellen. Verstärke die Aufmerksamkeit auf den kribbelnden Finger und achte dabei weiter auf deine Wahrnehmung und deine Empfindungen. Dadurch wird sich deine Fähigkeit, Einzelempfindungen wahrzunehmen, verstärken und mit einer regelmäßigen Übung diese Fähigkeit auch auf andere Körperteile ausweiten. Durch diese Fähigkeit wirst du in der Lage sein, Dinge zu spüren, von deren Existenz du gar nichts wusstest. Lasse sie zu, denn sie wird dir bei der Sensibilisierung von Achtsamkeit eine große Hilfe sein.

 

Einzelempfindung trainieren

Diese Übung kann noch weiter gesteigert werden, indem du dir bei jeder Meditationssitzung vornimmst, etwa 40 Mal pro Sekunde eine Fingergefühl-Erfahrung zu machen. Auch wenn man sich das rein theoretisch fast nicht vorstellen kann, ist so eine Steigerung tatsächlich möglich. Diese Fingergefühl-Übung soll deine Empfindungs- und Berührungsgeschwindigkeit vervielfachen. Solltest du das Gefühl in deinem Finger aber einfach nicht mehr aushalten, dann beende diese und öffne langsam die Augen. Strecke danach alle Finger aus und bewege diese, sodass du rasch wieder ein Gefühl in der Hand bekommen. Wenn du diese Übung in deine tägliche Meditationspraxis einbaust, wirst du rasche Verbesserungen beim Meditieren bemerken.

 

WirkungLangfristige Wirkung

Bei der Vipassana-Meditationspraxis handelt es sich in erster Linie um ein geistiges Training. So wie viele Menschen Sport betreiben, um sich körperlich fit zu halten, hälst du mit Vipassana deinen Geist fit und verhilfst ihm zu einer besseren Gesundheit. Die Wirkung der Vipassana-Technik wirst du für dich nach einem 10-tägigen Retreat oder ein paar Wochen täglicher Praxis sehr rasch feststellen können. Denn du wirst dadurch merkbar dein Aufmerksamkeitslevel sowie deine Konzentrationsfähigkeit steigern sowie insgesamt mit mehr Gelassenheit den Alltag erleben. Vieles, was dich vorher vielleicht maßlos aufgeregt hat, wird dich mit diesem Mentaltraining, durch die erlebten tiefen Einblicke in das Wesen des Seins, nicht mehr tangieren.

Bei der Wirkung einer regelmäßigen Vipassana-Meditation handelt es sich aber nicht ausschließlich um individuelle Erfahrungsberichte, sondern um tatsächlich messbare Fakten. Das Thema Meditation ist in den letzten Jahren vermehrt in das Licht der Öffentlichkeit gerückt und so auch interessant für wissenschaftliche Studien geworden. Besonders auf dem Gebiet der Hirnforschung konnten bei Langzeit-Meditierenden interessante Veränderungen neuronaler Verknüpfungen festgestellt werden. Messbar und somit sichtbar werden solche Veränderungen durch eine besondere Aktivität bestimmter Hirnregionen mit Hilfe einer Magnetresonanztomographie.

Bei Langzeit-Meditierenden konnte dabei die Region, die für das Empfinden von Glück zuständig ist, als besonders aktive Region gemessen werden. Solche neuronalen Verknüpfungen halten aber nicht nur für die Dauer der Meditation an, sondern wirken nachhaltig. Das bedeutet, dass dieser Teil der Hirnregion auch noch Wochen nach einer regelmäßigen Meditationspraxis aktiv bleibt. So wird schon einmal offensichtlich, dass meditierende Menschen anhaltend glücklicher sind und diesen Gefühlszustand mit Hilfe dieser Technik bewusst herbeiführen können.

Achtsamkeitsmeditationen wirken aber auch nachweisbar gegen Stress. Eine Studie ergab außerdem, dass Angstpatienten sowie Menschen mit Depressionen nach einer längeren Meditationspraxis weit besser mit ihren Leiden umgehen können, genauso wie Menschen mit körperlichen Leiden. Die physischen Beschwerden nahm zwar bei den Probanden nicht ab, doch konnten diese Menschen gelassener damit umgehen. Auch sinkt das Rückfallrisiko bei Depressions- sowie Burn-Out-Patienten. Gerade Menschen, die von einem Burn-Out betroffen waren oder sind, das meist durch ein „Hetzen“ durch den Tag verursacht wurde, bietet Vipassana eine Möglichkeit, das Hier und Jetzt wieder zu spüren und die kleinen Dinge des Lebens wieder wahrnehmen und wertschätzen zu können.