Der bekannte Medizinprofessor Jon Kabat-Zinn entwickelte diese Methode als einen Teil seines Programms, bei dem es insgesamt um Entspannung durch Bewusstheit geht. Dieses Programm erstreckt sich über die Länge von acht Wochen, mit dem Ziel, dass der Übende sich seiner selbst bewusst wird, und, statt alles im Äußeren zu suchen bzw. fest zu machen, von innen her sozusagen auf eine Reise geht. Das Programm nennt sich mindfulness-based stress reduction, kurz MBSR, wobei der Bodyscan eine grundlegende Übung darstellt. Das heißt, sie kann auch einzeln, ohne das ganze Programm zu durchlaufen, durchgeführt werden.
Der Scan, also die Reise durch den Körper, ist vom Ablauf her recht einfach, so dass auch keine geistigen oder wissensbezogenen Voraussetzungen oder gar Hilfsmittel nötig sind. Man sollte lediglich bereit sein, sich für die Übungen ausreichend Zeit und Ruhe zu nehmen.
Für wen ist der Bodyscan geeignet?
Eine spezielle Zielgruppe, für die diese Methode besonders gut geeignet ist, bzw. eine solche, auf die dies nicht zutrifft, kann man nicht definieren. Im Grunde sind fast alle so genannten modernen Menschen gestresst genug, um die Ruhe und ein bewusstes Aussteigen aus dem geistigen Hamsterrad genießen zu können. Wenn Dich der Begriff also neugierig macht und anspricht, oder wenn Du gerade auf der Suche nach einer neuen Meditationsform bist, solltest Du den Scan ruhig einmal ausprobieren. Da wie gesagt keine nennenswerten Voraussetzungen nötig sind, kannst Du diese Form in jedem Alter und auch bei leichten körperlichen Einschränkungen ausführen.
Wenn hier gesagt wird, in jedem Alter, meint das auch, dass die Methode auch für Kinder gut ist. Wenn Du also Kinder hast oder beruflich mit ihnen zu tun hast, die etwas unruhig oder zappelig sind, kannst Du sie ruhig mit auf die Reise nehmen, ihnen die einzelnen Schritte ansagen. Ansonsten ist es sicher sinnvoll, besonders gestresste Menschen auch auf diese Methode aufmerksam zu machen, also so genannte Burn-out Kandidaten ansprechen, die sich gedanklich oft stark verzetteln und die schlecht zur Ruhe finden und unter Schlaflosigkeit leiden.
Hier gibt der Erfinder der Methode selbst eine Anleitung zum Bodyscan:
Was benötige ich für diese Meditationstechnik?
Das Hauptzauberwort in diesem Zusammenhang lautet Ruhe, also keinerlei Ablenkung, kein Handyklingeln, das stören könnte, keine unruhig oder nörgelig werdenden Kinder oder ein Partner, der nur darauf wartet, dass “es endlich vorbei ist”. Wenn Du den Scan ausführst, ist dies Deine Zeit, Zeit, die Du Dir gönnst – und sie Dir auch gönnen darfst. Schließlich geht es bei diesem Vorgang ja nicht um irgend welche Gymnastikübungen, die Du mal eben nebenbei machst, sondern um ein Eintauchen in Dein Inneres, in Deine Empfindungen. Und dazu braucht es eben eine Atmosphäre, die das Außen, so gut es geht, ausspart.
Ansonsten, auf einer rein technischen Ebene, benötigst Du auf jeden Fall bequeme und auch wärmende Kleidung, denn durch das “Herunterfahren” der körperlichen Funktionen kann es schon einmal dazu kommen, dass Du auskühlst. Also solltest Du den Raum, in dem Du die Übungen durchführst, vorher gut heizen, aber auch warme Socken etc. einplanen.
Da der Scan am besten gelingt, wenn Du eine Unterstützung hast, also nicht frei im Raum stehst oder sitzt, ist die Durchführung dieser reise in Dein Inneres auf dem Boden liegend zu empfehlen. Das heißt, Du kannst natürlich auch eine Couch oder das Bett wählen, aber am häufigsten wird der Scan auf einer Matte, am Boden liegend, durchgeführt. Mehr ist für diesen Vorgang nicht nötig: eine ungestörte Atmosphäre, Wärme, eine Fläche, auf der Du bequem liegen kannst.
Wenn Du jetzt gespannt bist, was Dich erwartet: gut!
Wie viel Zeit sollte ich einplanen, und was ist der ideale Zeitpunkt?
Wie schon weiter oben ausgeführt, sollte der Body Scan nicht wie eine Turnübung schnell abgehandelt werden, sondern mit Bedacht und Bewusstsein ausgeführt werden. Das heißt, dass der ideale Zeitpunkt ein Punkt sein sollte, zu dem Du wirklich Ruhe hast, zumindest eine klare Phase erreicht hast in Deinem Tagesablauf, in der Du Dir soche Übungen gönnen kannst. Du solltest also einen Zeitpunkt sozusagen reservieren, wobei dies sehr von der Person und deren Rhythmus abhängig ist. Es nützt Dir natürlich wenig, wenn Du Dir morgens den Wecker stellst, um vor der Arbeit die Übungen zu “absolvieren”.
Besonders wenn Du eher der Morgenmuffel bist, wirst Du die Übungen kaum spüren, sie eher mechanisch abhandeln und so ganz sicher keinen Gewinn davon tragen. Wenn Du gut in den Tag starten kannst, weißt, dass dieser Tag sehr stressig zu werden verspricht, kann der Scan, am Morgen ausgeführt, dagegen genau richtig sein. Für viele Übende jedoch hat sich der Abend als perfekt heraus gestellt oder wahlweise eine ruhige Zeit am Wochenende, zum Beispiel der Sonntagnachmittag. Abends oder am Wochenende zu üben, hat den klaren Vorteil, dass nicht noch x Aufgaben auf Dich warten, die Dir die Konzentration auf das Wesentliche verunmöglichen könnten. Wenn der Tag für Dich abgeschlossen ist, gönnst Du dir die Übungen.
Bezüglich der Zeitspanne lässt sich wenig sagen. Da es hier um ein Spüren der inneren Vorgänge geht, kann Dir das Zeitgefühl sozusagen abhanden kommen. Wunderbar! Dennoch hat John Kabat-Zinn den Ablauf mit ca. 15 Minuten beziffert, was aber nur eine Art Richtgröße sein kann. Reserviere Dir also am besten ein Zeitfenster, das Dich nicht dazu zwingt, gleich nach dem Scan wieder in den Kanon der Pflichten zu springen. Die Phase nach den Übungen, das Nachspüren, gehört unbedingt mit dazu!
Anleitung zum Bodyscan
Die Vorbereitung
Wie gesagt, am besten übst Du den Scan im Liegen. Also geht es zuerst darum, eine wirklich bequeme, weich gepolsterte Position zu erzielen, bei der auch die Lichtverhältnisse eine gewisse Rolle spielen. Wenn Du willst, schließe die Vorhänge und stelle Kerzen auf oder eine Salzlampe. Ganz dunkel sollte es nicht sein, aber auch nicht grell, mit diversen Ablenkungen. Leise Musik ist in Ordnung, aber oftmals wird der Scan in völliger Ruhe ausgeführt.
Die Reise beginnt
Grundsätzlich sei hier angemerkt: Auch wenn es sehr bequem und kuschelig wird, solltest Du Dir zu Beginn der Übungen vergegenwärtigen, dass es nicht um ein einfaches Ausruhen geht, sondern um eine mit Aufmerksamkeit ausgeführte Fahrt durch Deinen Körper und seine Empfindungen. Versuche also, weder die Gedanken wild im Kopf herum kreisen zu lassen, noch, Dich träge einfach nur fallen zu lassen – und sogar einzuschlafen. Also dann: Du liegst flach auf dem Rücken, die Arme liegen bequem, also nicht gepresst, neben dem Körper, die Handflächen zeigen nach oben. Wenn Dir das nicht passt, leg sie nach unten, es muss sich gut anfühlen.
Zunächst stimmst Du Dich auf das Folgende ein, indem Du einen tiefen Atemzug nimmst, den Atem dann bewusst wieder ausstößt. Die Augen bleiben die ganze Zeit am besten geschlossen. Vielen Übenden hilft es, gerade am Anfang, sich zunächst nur auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren. Ruhe breitet sich aus – es muss nichts geschafft, geplant oder bewertet werden, alles stimmt!
Eine spannende Reise durch Deine Empfindungen
Nun beginnst Du damit, Dir klar zu machen, was gerade passiert. Du denkst, nichts, aber weit gefehlt. Versuche, Dir klar zu machen, an welchen Stellen Dein Körper auf dem Untergrund aufkommt, an welchen nicht. Dabei wirst Du zwangsläufig auch Unterschiede in der Schwere erleben.
Was ist mit den Füßen, wie liegen diese auf, wo berühren die Schenkel die Unterlage? Dann, ein ganz wichtiger Ort, was ist mit Deinem Rücken? Spürst Du ihn überhaupt? Ziept er vielleicht, oder verspannst Du Dich dort, weil Du alles “richtig” machen willst? Das ist hier völlig unangebracht, ein “Richtig” oder “Falsch” gibt es nicht, nur ein Sein. Und wenn Du die Bauchdecke oder den Rücken anspannst, wirst Du Dich nicht entspannen können. Also lass los, und spüre einfach nach, wie gut es sich anfühlt.
Alles ist genau so richtig, wie es ist. Und es ist auch völlig egal, wie Du dabei aussiehst. Wenn Du Rücken und Bauch schön entspannt hast, solltest Du den Schultern und den Halsmuskeln einen (inneren) Blick gönnen. Verspannt sich da etwas, und wie geht es auch anders? Also lass locker, die Muskeln, die Dich jeden Tag bei allem unterstützen, haben sich eine Pause nun wirklich verdient. Und wie fühlen sich die Arme an? Sind sie schön schwer, oder versuchst Du, doch noch “Haltung” anzunehmen? Lass es einfach sein, lass die Arme schwer werden.
Merkst Du, an welchen Stellen Du festzuhalten versuchst, und wie angenehm es ist, dort loszulassen? Und nun geht es noch einmal bewusst nach oben, zu Deinem Gesicht. Haben sich da noch Falten und Verspannungen halten können, beißt Du, wie gewohnt, vielleicht immer noch die Zähne aufeinander? Sind Deine Augen unruhig und flattern die Lider? Dann ist es Zeit, diese Zustände durch ein ganz kleines, freundliches Lächeln zu ersetzen – das Dir hoffentlich auch nach den Übungen in Deinem normalen Alltag noch erhalten bleibt.
Siehst Du bzw. spürst Du, wie viel in Deinem Körper los ist, und wie anders sich alles anfühlen kann?
Die Reise ist vorbei – komm zurück!
Jede auch noch so interessante Reise kommt einmal zu ihrem Ende. So ist es auch mit dem Scan, bei dem Du Dich einmal ganz neu kennen lernen konntest. Wenn Du Dich Deinem Kopf widmest, mach Dir bewusst, dass der Scan nun bald zu Ende ist. Nimm also wieder einige bewusste Atemzüge, und freue Dich dabei doch schon auf die nächste Reise durch Deinen Körper. Wer sagt, dass diese nicht schon am nächsten Tag statt finden kann? Das entscheidest Du!
Langfristige Wirkung
Wie bei allen meditativen Techniken ist es natürlich nicht damit getan, sie einmal durchzuführen, damit sie ihre Wirkung entfachen können. Wenn Du aber den Scan als sehr angenehm und entspannend erfahren hast, kannst Du ihn gerne einmal pro Woche in Dein Leben einbauen. Das Resultat: Du kommst gezielt zu Dir, Du gönnst Dir wertvolle Zeit, weil Du es wert bist. Und damit gewinnst Du automatisch Abstand zu den Pflichten, die täglich auf Dich warten.
Zum Abschluss noch ein sehr interessantes und lehrreiches Interview mit Jon Kabat-Zinn, dem Vater des Bodayscans:
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