Erfahrungsbericht MeditationLange Jahre war ich der Meinung, dass Meditationen nicht die Herangehensweise sind, die mir zu Einsichten verhelfen können. Mein persönliches Bild vom Meditieren war die aufrechte Haltung in Lotussitz, in der ein kahlgeschorener Erleuchteter über viele Stunden verharrt, um danach die Welt nur noch mit verklärtem Blick betrachten zu können. Das konnte ich mir für mich nicht vorstellen.

Doch dann begann ich eine Ausbildung zur Leiterin von Familienaufstellungen. Teil dieser Seminare war eine Morgenmeditation und oft noch eine abends, um die Erlebnisse des Tages integrieren zu können. “Na gut”, dachte ich, “probiere ich es eben einmal.” Was ich nicht wusste, war, dass es auch bewegte Meditationen gibt, die mit meiner eingeschränkten Sichtweise nicht das Geringste zu tun haben. So lernte ich das Chakraatmen und die Kundalini-Meditation kennen. Schließlich meinte die Leiterin, dass wir nun als Gruppe weit genug sind, um uns an die Dynamische Meditation zu wagen. Ein Raunen ging durch den Raum. Ich fragte meinen Nachbarn, was denn die Dynamische Meditation sei, und er meinte: “Die mach’ ich sicher nicht mit, die ist mir viel zu wild”. Das interessierte mich und schon nach dem ersten Mal war diese Meditation mein persönlicher Favorit.

 

So meditiere ich

Am liebsten meditiere ich in der Gruppe. Gerade bei der Dynamischen entwickelt sich eine wunderbare Stimmung in einer geübten Gruppe, in der einfach jede Gefühlsäußerung möglich ist. Da ich am Land lebe, größere Meditationsgruppen aber nur in der Stadt zusammenfinden, lege ich immer wieder die Musik, die speziell für diese Technik gemacht ist, in den heimischen CD-Player und lasse meinen Gefühlen freien Lauf. Glücklicherweise brauche ich mir keine Gedanken wegen möglicher Lärmbelästigung zu machen. Diese fallen übrigens auch in der Gruppe weg, denn die Leiter wählen Räumlichkeiten aus, in denen alle Teilnehmer nach ihrem momentanen Bedürfnis toben können.
Nach meinen positiven Erfahrungen mit den bewegten Techniken habe ich nach und nach auch andere Meditationsformen ausprobiert. Heute ist es für mich ganz selbstverständlich, mich in aufrechte Sitzhaltung zu begeben – auch wenn mein Schädel nicht kahlgeschoren ist und ich vom Lotussitz absehe – und mich ganz ruhig in meine inneren Welten zu versenken.
Besonders zu schätzen gelernt habe ich schamanische Reisen, bei denen der Geist sehr schnell in einen tranceartigen Zustand übergehen kann. Bilder und Gefühle kommen dadurch besonders klar zum Ausdruck und die Verarbeitung von sehr tiefen Themen ist in einer vertrauensvollen Umgebung möglich. Auch schamanische Reisen führe ich sowohl allein als auch in der Gruppe durch. Für sie gilt genauso wie für andere Methoden, dass die Gruppe eine Dynamik erzeugt, die das Erleben vertieft.

 

Die Wirkungen, die ich verspüre

Nach meinen ersten Versuchen mit bewegten Meditationen erkannte ich sehr rasch, dass es für mich eine große Erleichterung darstellt, mich einmal ganz und gar gehen lassen zu können. Alle Zurückhaltung, die im täglichen Leben aus verschiedenen Gründen sinnvoll ist, kann während einer Dynamischen Meditation weichen und vollkommen verrücktes Verhalten ist für diese Zeit nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Die Freiheit, die ich spürte, konnte ich auch in den Alltag mitnehmen und mir nach und nach immer mehr kleine Verrücktheiten gönnen.

Doch auch in Situationen, in denen “normales” Verhalten wirklich von Vorteil ist, kann ich ausgeglichener agieren, wenn ich weiß: Was immer ich fühle, kann ich spätestens bei der nächsten Dynamischen ungefiltert zum Ausdruck bringen.
Etwas anders sind die Erkenntnisse, die ich aus stillen Meditationen mitnehmen kann. Ich konzentriere mich während dieser Zeiten nicht nur auf Gefühle, sondern auch auf körperliche Vorgänge. Vor einigen Jahren hatte ich einen Bandscheibenvorfall, er ist glücklicherweise ohne schwere Folgen geblieben. Doch hin und wieder spüre ich Verspannungen oder Schmerzen an der Wirbelsäule.

Gebe ich diesen während der Meditation meine volle Aufmerksamkeit, so fühle ich, wie die Schwere und Anspannung sich von der betroffenen Stelle aus nach oben und unten verteilt und leichter wird, um manchmal sogar vollkommen zu verschwinden. Da ich schon viel Übung darin habe, kann ich diesen Effekt mittlerweile rasch herbeiführen – etwa auch abends im Bett oder beim Zugfahren. Auf der Gefühlsebene gelingt es mir leichter, unangenehme und natürlich auch angenehme Zustände von außen zu betrachten. Es ergibt sich ein Zustand wie im Kino, auf der Leinwand läuft ein Film, den ich aufmerksam betrachte, der mich aber nur dann berührt, wenn ich dazu bereit bin.
Schamanische Reisen wirderum haben meinen Blick für das Ungesagte geschärft, für das, was Menschen nicht klar ausdrücken oder sogar verstecken wollen. Diese Einsicht hilft mir in meinem Beruf als psychologische Beraterin und bei der Durchführung von Aufstellungen. Sie ist aber auch im einfachen Zusammenleben hilfreich, um Konflikten vorzubeugen oder zumindest besser zu verstehen, wie es dazu gekommen ist.

 

Was ich anderen mitgeben möchte…

 

Ruhig Neues ausprobieren

Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass die Form der Meditation, die für einen Menschen in einem bestimmten Lebensabschnitt passt, etwas absolut Individuelles ist. Sollte Ihnen daher jemand von einer bestimmten Technik abraten, diese Ihnen aber persönlich zusagen, probieren Sie sie einfach aus. Was für einen anderen langweilig, überfordernd oder irritierend ist, kann für Sie genau die Möglichkeit sein, die Sie im Moment für tiefere Einblicke benötigen.

Entwickeln Sie sich weiter

Haben Sie einmal eine Meditationsform gefunden, die Ihnen gefällt und Ihnen wichtige Erkenntnisse bringt, sehen Sie sich ruhig auch nach anderen Erfahrungen um. Jede Art der Meditation bringt neue Zugangsweisen zu Ihrem Inneren und kann sehr bereichernd sein.

Auch einmal “Nein” sagen

Nicht an allen Tagen ist eine Meditation oder eine bestimmte Technik passend. Wenn Sie sich also einmal nicht danach fühlen, dann bleiben Sie bei Ihrem Bedürfnis und lassen Sie eine Einheit aus – auch wenn die Gruppe Sie überreden möchte.

 

Und schließlich: Achten Sie auf Ihren Körper und Ihre Emotionen

Nicht jede Meditation passt für jeden Menschen. Bei körperlichen Beeinträchtigungen ist es manchmal nötig, ganz langsam in eine neue Sitzhaltung oder eine neue Technik einzutauchen, Hilfsmittel zu verwenden oder diese Meditationsform nicht ins eigene Repertoire aufzunehmen. Zögern Sie nicht, bewusst zu wählen, welche Meditationen Ihnen körperlich und seelisch besonders gut tun.