Erfahrungsbericht MeditationIch kann nicht sagen, dass ich gezielt auf die Suche nach einer Form der Meditation gegangen bin. Nicht, dass ich Angst davor gehabt hätte oder sie als etwas Mystisches wahrgenommen hätte, es war einfach lange Zeit nicht mein Thema, wenn man das so ausdrücken will. Meditiert haben Freunde oder Bekannte, also Menschen in meiner direkten Umgebung, allerdings schon länger. Die wirkten auch recht entspannt, strahlend, was mich schon beeindruckt und beschäftigt hat, aber mich haben wohl erst einmal andere Dinge interessiert, die aber durchaus in der Nähe der Meditation angesiedelt sind.

So beschäftige ich mich schon sehr langer Zeit mit den verschiedenen Formen von Yoga, also sowohl Hata Yoga als auch Kundalini Yoga, Übungen, die ich als sehr hilfreich im Sinne der Entspannung und Distanz zum Alltag kennen gelernt habe. Auch Reiki hat meinen Lebensweg sehr bereichert, sowohl in der Rolle als “Nehmender” als auch später als “Gebender”. Ich habe dabei erfahren dürfen, dass man, ohne etwas nach außen erkennbar zu tun, Ruhe und Gelassenheit, wenn nicht sogar Gefühle von Glück, ganz einfach erzielen kann.

Vor ca. 10 Jahren begann ich dann mit dem Üben von Chi Gong, der chinesischen Heilgymnastik. Die einfachen Übungen, die jeder in jedem Alter gut erlernen und ausüben kann, haben mich sofort begeistert. Damit hatte ich noch eine Technik an der Hand, die mir dabei hilft, zur Ruhe zu kommen und sogar noch etwas für die Beweglichkeit und Geschmeidigkeit zu unternehmen. Der Chi Gong Kurs, den ich seitdem besuche, hat mir als eine Art Highlight der Woche immer gut getan, ohne dass mir hier der Begriff der Meditation eingefallen wäre.

Unser Übungsleiter hat aber seinen Unterricht stets verfeinert und auch neue Elemente hinzu genommen. Und – da war sie, sozusagen auf leisen Sohlen, die Meditation! Wir haben bzw. tun das auch heute noch, am Ende der Aufwärmphase immer eine so genannte stehende Säule geübt, und obwohl diese Form von außen betrachtet sehr einfach wirkt, hat sie es in sich! Bei dieser Übung steht man einfach mit leicht gebeugten Knien da und hält die Arme leicht gerundet vor den Körper. Die Augen werden geschlossen. Das ist alles, aber was bei dieser Übung passiert, bei der man jedes Zeitgefühl verliert, ist schon bemerkenswert.

Ob die Tatsache, dass noch andere Menschen beim Üben im Raum sind, etwas zu den Empfindungen, die man hat, beiträgt, finde ich schwer zu sagen, denn bei geschlossenen Augen blendet man buchstäblich die Umgebung aus. Dennoch ist sie da, die Energie, und möglicherweise verstärkt sie sich hier auch durch die Anwesenheit anderer Menschen. Auf jeden Fall kann man bei dieser Form der Meditation diverse neue und interessante Erfahrungen machen. So kann es zum Beispiel passieren, dass einfach nur der Tag vor dem geistigen Auge abläuft und eine neue Bewertung seiner Elemente erfolgt. Es kann aber auch sein, dass plötzlich die tollsten Pläne oder sogar Visionen, zum Beispiel bezüglich beruflicher Wege und Optionen, entstehen. Ich habe es auch diverse erfreuliche Male erlebt, dass, wenn ich mich kurz zuvor über etwas oder jemanden geärgert habe, ich bei der stehenden Säule plötzlich sozusagen Milde walten lassen konnte. SO schlimm war es dann doch alles nicht!

Was auch passiert, wenn man diese Meditation regelmäßig übt, ist ein Zuwachs an Kraft und Ausdauer. Dies sind Effekte, die eher auf einer körperlichen Ebene angesiedelt sind. Theoretisch kann man Stunden in dieser Position verharren, und es gibt natürlich in Asien genug Menschen, die dies auch praktizieren. Man wird dabei sicher auch einige Durststrecken durchlaufen, aber man kann eben dabei auch lernen, Grenzen zu überschreiten und sich sozusagen weiter zu entwickeln. Das Gefühl, dass eigentlich nichts passieren kann, dem man nicht gewachsen ist, als der kraftvolle Baum, für den diese Säule mit ihrer imaginären Verwurzelung im Boden symbolisch steht, ist eine gute Erfahrung, die sich leicht auch auf den Alltag mit seinen vielen Herausforderungen übertragen lässt.

So wie ich diese Form der Meditation immer wieder erlebe, bringt sie also sowohl ein mentales Resultat in Form von größerer Gelassenheit und Distanz dem eigentlich banalen Alltag gegenüber als auch einen Zuwachs an körperlicher Kraft. Laut unserem Übungsleiter sollen sich sogar ordentlich Muskeln entwickeln. Wenn man ihn ansieht, glaubt man das sofort, aber der beschäftigt sich auch noch intensiv mit Kampfkünsten. Schwer zu sagen also, woher die Muskeln bei ihm nun genau stammen. Ich habe jedenfalls keinen Muskelzuwachs bei mir entdeckt, was aber nichts ausmacht, im Gegenteil. Ein Plus an Kraft verspüre ich trotzdem im Alltag!

Für Menschen, die sich auf etwas spielerische Weise dem Thema “Meditation” nähern wollen, ohne gleich das hoch aufgehängte Thema bzw. Ziel der “Erleuchtung” anzugehen, empfehle ich, sich solch eine ruhige und simple Form der Kontemplation zu suchen. Wer keine Gruppen mag, kann sich einfach solche oder ähnliche Übungen, wie im Sitzen oder Knien bei geschlossenen Augen zu meditieren, zu Hause vornehmen. Bequeme Kleidung, Ruhe, also kein Handy etc., sind eigentlich alles, was man dazu braucht. Und sich selbst so wichtig zu nehmen, dass man sich regelmäßig eine Art Auszeit gönnt, ist doch schon eine gute Entscheidung. Was man dann erlebt, sollte auf keinen Fall ( negativ oder überhaupt)bewertet werden! Kommen ungute Gefühle hoch, sind sie ohnehin vorhanden und wollen wohl betrachtet und auch ernst genommen werden. Wenn sich Gelassenheit und Ruhe oder sogar ein Glücksgefühl einstellt: umso besser!

Für mich ist die Meditation auf jeden Fall ein wichtiger und wertvoller Teil meines Lebens geworden, auf den ich nicht mehr verzichten möchte.

 

Josy, 50 Jahre